Näher dran am echten Leben

Näher dran am echten Leben

Gerade einmal 0,4 Prozent aller Azubis im Kreis Viersen machen eine Ausbildung in Teilzeit. Eine von ihnen ist die angehende Bäckereifachverkäuferin Davina Zerrehsen. Die alleinerziehende Mutter ist ein Paradebeispiel dafür, dass das Konzept der „Teilzeit-Ausbildung“ aufgeht.

Früh am morgen um 6 Uhr klingelt der Wecker. Manchmal auch schon um halb 6. „Dann heißt es aufstehen, die Kleine fertig machen, frühstücken, mit dem Hund rausgehen und meine Tochter zum Kindergarten bringen. Danach gehe ich selbst zur Arbeit“, berichtet Davina Zerrehsen aus Viersen. Die 30-Jährige ist alleinerziehende Mutter und eine von ganz wenigen Auszubildenden im Kreis Viersen, die ihre Lehrjahre in Teilzeit verbringt.

Konkret heißt das: Anstatt einer 40-stündigen Arbeitswoche hat sie eine 30-Stunden-Stelle im Café Kerskens am Viersener Remigiusplatz. Der Berufsschulbesuch erfolgt zu 100 Prozent. „Anders würde es mit meiner Tochter Keyla und dem Hund Kenny auch gar nicht gehen“, sagt Davina Zerrehsen.

Eine Ausbildung in Teilzeit? Geht das überhaupt, mag man sich da fragen. „Ja, es geht“, erklärt Anja Loeff vom Jobcenter des Kreises Viersen. „Wobei wir aber lieber von ’vollzeitnaher Ausbildung’ sprechen. Denn sobald potenzielle Betriebe den Begriff Teilzeit hören, haben sie Vorstellungen, die mit der Realität nichts zu tun haben.“

Und auch Davina lässt um 12 Uhr mittags nicht den Griffel fallen. Die Arbeitszeit wird flexibel gestaltet. „Wir finden immer einen Weg, dass sie Arbeit und Familie unter einen Hut bringen kann“, sagt ihr Chef und Inhaber des Café Kerskens Armin Houben. Gemeinsam mit Franz-Josef Schmitz, Geschäftsführer des Kreis Viersener Jobcenters wirbt er dafür, dass sich weitere Unternehmen für das Modell öffnen. „Unternehmen haben es immer schwerer, geeignetes Fachpersonal zu finden. Da sind familienfreundliche Arbeitszeiten harte Standortfaktoren“, sagt Franz-Josef Schmitz.

Diplom-Pädagogin Nicole Rottes vom Bildungszentrum der Kreishandwerkerschaft Niederrhein betreut die Teilzeit-Azubis.

Sie ergänzt: „Wir möchten mit dieser geförderten Maßnahme näher dran ans echte Leben. Es gibt im Kreis Viersen so viele Frauen, die jede Menge Potenzial für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt mit sich bringen, die aufgrund zu starrer Arbeitszeiten aber keinen Fuß in den Arbeitsmarkt bekommen.“

(Report Anzeigenblatt)