„Opfer im Stich gelassen“

„Opfer im Stich gelassen“

Es liegt drei Jahre zurück, dass der aus Willich stammende Pfarrer Georg K. wegen 25 Fällen des Kindesmissbrauchs zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Dass es sich um keinen Einzelfall im Bistum Aachen handelte, wurde jetzt deutlich.

Das Bistum Aachen hat für den Zeitraum von 1934 bis 2016 insgesamt 886 Personalakten und 64 Anträge auf Anerkennung des Missbrauchs ausgewertet. 55 Männer wurden in dieser Zeit des sexuellen Missbrauchs beschuldigt: 50 Weltpriester, zwei Ordenspriester und ein hauptberuflicher Diakon. Bei zwei Beschuldigten konnten die Betroffenen keine genauen Angaben zum genauen Klerikerstand machen.

Im Bistum Aachen waren 86 Kinder und Jugendliche von sexuellem Missbrauch betroffen. 58 von ihn waren männlich und die meisten waren unter 14 Jahre alt. Die Beschuldigten waren bei der Ersttat zwischen 30 und 50 Jahre alt. Die meisten Opfer standen zu den Beschuldigten in einer kirchlichen oder seelsorgerischen Beziehung. Fast die Hälfte aller Missbrauchsfälle geschah im Zusammenhang privater Treffen, zumeist in den Privat- oder Dienstwohnungen der Kleriker.

Nur bei zehn Beschuldigten erfolgten von Seiten des Bistums Sanktionsmaßnahmen. Bei 22 Geistlichen wurde die Tat in der Personalakte vermerkt.

Deutschlandweit haben sich zwischen 1946 und 2014 insgesamt 1.670 Klerikern an 3.677 Kindern und Jugendliche vergangen (alle Zahlen laut MHG-Studie, welche die Deutsche Bischofskonferenz beauftragt hatte). Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.

In einem persönlichen Statement hat Bischof Dr. Helmut Dieser zu der Missbrauchsstudie Stellung genommen: „In vielen Ländern haben Priester und andere kirchliche Personen über lange Zeiträume hinweg ihre Machtstellung dazu missbraucht, sexuelle Gewalt an Minderjährigen auszuüben. Die Verantwortlichen in der Kirche haben das alles in vielen Ländern nicht wirksam verhindert, sondern lange verdeckt und vertuscht und die Opfer im Stich gelassen. Deshalb kann und muss es uns dazu antreiben, alles dafür zu tun, dass die Wahrheit ans Licht kommt, und das ist wie ein riesiger Berg mühsamer und schmerzlicher Trauerarbeit, den die Opfer aufgeladen bekamen und den wir mit ihnen abarbeiten müssen.

Doch keiner weiß, wie schwer das für die Opfer selber ist, außer ihnen selbst. Was ihnen angetan wurde, hat das Zeug dazu, vom Glauben abzufallen! Ich traue es uns Bischöfen und unseren Beraterinnen und Beratern noch zu, dass wir gemeinsam die richtigen Schlüsse ziehen und die Weichen für die Zukunft richtig stellen. Wenn ich das nicht mehr könnte, wäre auch ich vom Glauben abgefallen.“

(Report Anzeigenblatt)