1. Viersen

Vor 25 Jahren wurde Notfallseelsorge Kreis Viersen gegründet

Notfallseelsorge im Kreis Viersen : 25 Jahre Einsatz: „Ersthelfer für die Seele“

Vor 25 Jahren wurde die Notfallseelsorge im Kreis Viersen gegründet. „Wir wollten die Angehörigen nicht alleinlassen“, sagt die Initiatorin Claudia Wenzel-Freudenberg.

Gemeinsam mit dem damaligen Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises Krefeld-Viersen, Gerd-Dieter Kahlen, hob die engagierte Notärztin vor 25 Jahren die Notfallseelsorge aus der Taufe: „Die Idee kam auf, weil wir Einsatzkräfte ein sehr schlechtes Gefühl dabei hatten, die Menschen nach dem plötzlichen Tod oder einer schweren Verletzung eines Angehörigen alleine zu lassen, weil wir ja zum nächsten Einsatz mussten – ein unhaltbarer Zustand.“ Inzwischen habe sich der Gedanke ja durchgesetzt, dass auch die Seele in solchen Fällen Erste Hilfe brauche, doch damals war der Gedanke noch recht neu: Das Umdenken in Richtung einer seelsorgerischen Betreuung von Opfern, Angehörigen, Augenzeugen und Rettungskräften habe erst nach der Flugtag-Katastrophe in Ramstein 1988 begonnen.

Schon bald schlossen sich weitere ehrenamtliche Kräfte der Notfallseelsorge an. Getragen vom Evangelischen Kirchenkreis Krefeld-Viersen und dem Bistum Aachen und finanziell unterstützt durch den Kreis Viersen entwickelte sich die anfangs improvisierte Initiative nach und nach zu einer festen Institution. Wo auch immer ein schweres Unglück geschieht, werden die professionell geschulten Helfer*innen, erkennbar an ihrer violetten Einsatzkleidung, von der Leitstelle gleich mit alarmiert und kommen meist zeitgleich mit den Rettungskräften vor Ort an. „Wir helfen aber auch in Situationen, an die man zunächst gar nicht denkt“, erklärt Koordinator Andreas Bodenbenner. So sei es beispielsweise schon vorgekommen, dass eine ältere Dame nach einem Einbruch in ihre Wohnung traumatisiert war und eine psychologische Erstbetreuung brauchte: „Die Polizei ist für solche Fälle sensibilisiert, dann werden wir angefordert.“ Auch Schulklassen werden besucht, wenn beispielsweise Lehrer oder Mitschüler verstorben sind. Dafür gibt es einen eigenen Einsatzkoffer mit Material, das zu Gesprächen anregt oder die Erstellung einer „Trauerwand“ ermöglicht.

Unabhängig von Konfession und Religion bieten die 12 hauptamtlichen und 34 ehrenamtlichen Kräfte der Notfallseelsorge Gespräche an, bewahren Ruhe in einer für die Betroffenen schwierigen Situation und verweisen auf weitere Hilfsangebote. 152 Einsätze konnten so im Jahr 2022 bewältigt werden. Das Interesse an der Ausbildung, die ein Dreivierteljahr dauert und 165 Stunden inklusive Praktikum umfasst, ist groß: Vor kurzem hat ein neuer Kurs mit sechs Anwärter*innen begonnen.