Viersener Polizist im Südsudan : Weißer Mann, der Gutes tut
Kreis Viersen Die Straßenkinder im Südsudan kennen ihn nur unter einem Namen: "Kawajak". Übersetzt bedeutet das: "Weißer Mann, der Gutes tut" - und genau das ist Heiko Lammertz, Polizeihauptkommissar aus Viersen, der von seiner Zeit in einem der ärmsten Länder der Erde berichtet.
Ein Straßenkind, etwa acht Jahre alt, gab den Anstoß für ein Projekt, das den Ärmsten der Armen ein Dach über den Kopf geben sollte. "Der Junge, der keinen Namen hatte, saß auf dem Bürgersteig. Er war Vollwaise, hatte kein Zuhause. Mein jüngster Sohn ist im selben Alter. Diese Hilfslosigkeit mit eigenen Augen zu sehen, das hat mich erst einmal überfordert", sagt Heiko Lammertz, der sich nun, drei Monate nach seiner Rückkehr, gesammelt hat und davon erzählt, wie er gemeinsam mit einem Kollegen aus Bremen im Südsudan ein Kinderschutzhaus aufbaute.
"Das Dorf, in dem wir lebten, war ungefähr so groß wie Dülken. Und allein hier lebten ungefähr 500 Straßenkinder. Manchmal werden sie entführt und zu Kindersoldaten gemacht. Uns war bewusst, dass wir nicht allen helfen können, aber wir wollten in der Rückschau auf unsere Einsatzzeit nicht sagen können, dass wir nicht etwas unternommen haben", so Heiko Lammertz.
So sammelte Lammertz mit dem Verein "Lachen helfen" Spenden und startete im Juli vergangenen Jahres mit dem Bau des Kinderschutzhauses. Im Januar 2015 dann erfolgte die Eröffnung.
Ein eigenes Bett, ein Dach über dem Kopf, eine Keramik-Toilette - für uns selbstverständlich, für die Straßenkinder im Südsudan absoluter Luxus. Polizeihauptkommissar Heiko Lammertz entfachte mit dem Projekt in Schwarzafrika einen Funken Hoffnung bei den Kindern, die nichts haben außer dem, was sie am Leib tragen. Ein Jahr lang lebte Lammertz in Aweil, das in etwa so groß wie Dülken ist, in einem ausrangierten Container, der von den Vereinten Nationen zum Wohnhaus umfunktioniert wurde. "Ich bin froh, dass ich eine Klimaanlage hatte, aber wehe, diese fiel mal aus, dann hält man es als Europäer nicht mehr aus", sagt Lammertz, als er sich an die bis zu 50 Grad heißen Sommertage erinnert.
"Nicht mehr aushalten" - dieses Gefühl hatte Lammertz aber nicht nur in Sachen Klima. "Die Armut und die Umstände so hautnah mitzuerleben, das kann man anfangs gar nicht greifen. Hier in Deutschland bekommt man von Schwarzafrika in den Medien ja auch gar nichts mit. Man hat kein Bild vor Augen, kann sich das Leben dort nur sehr schwer vorstellen." Und so berichtet Heiko Lammertz von einem Land, "das zwar auf unserem Planeten liegt, aber doch irgendwie auf einer ganz anderen Welt ist."
Wo ein Kinderleben nichts zählt
Besonders die Situation der Kinder machte Lammertz zu schaffen: "Eine Situation werde ich nicht vergessen. Ein behinderter Junge, etwa 15 Jahre alt, hatte scheinbar etwas gestohlen. Andere Jungen waren dabei ihn mit Benzin zu übergießen und wollten ihn gerade anzünden. Wir konnten zum Glück noch eingreifen. Aber ein Polizist, der die Szene beobachtete, wollte uns nicht dabei helfen. Ein Kinderleben zählt hier einfach nichts."
So werden junge Mädchen werden im Alter von elf, zwölf Jahren verheiratet und gegen Rinder eingetauscht. "Sicher, für uns klingt das widerlich", sagt Lammertz, "aber man muss manchmal eben auch die Jahrhunderte alten Traditionen der Stämme respektieren. Aber es findet auch ein Umdenken in der Bevölkerung statt." So würden nicht mehr sechs bis acht Kinder pro Frau als Optimalfall angesehen, sondern auch weniger Kinder akzeptiert.
Um zumindest für die Ärmesten der Armen, nämlich die Straßenkinder, etwas zu tun, organisierte Lammertz gemeinsam mit einem Bremer Kollegen und dem Verein "Lachen helfen" dann das Kinderschutzhaus-Projekt. Über 20.000 Euro kamen an Spenden zusammen, viele davon auch nach den begleitenden Artikeln im Extra-Tipp. "Dafür möchte ich mich im Namen der Kinder an dieser Stelle bedanken."