Völlig von den Socken

Völlig von den Socken

Kaffee, Kuchen, liebevolles Kabbeln: Bei den „Roten Ratten“ klappern nach der Sommerpause wieder die Nadeln. Der Herbst kann kommen – und kalt werden!

„Das ist was ganz Tolles. Echte Handarbeit und super Qualität. Hab ich im Schwarzwald entdeckt und hier eingeführt“, lobt Inge ihren Wollgarnabwickler. Tatsächlich dreht sich das hölzerne Utensil im Kreis der Damen, die sich zweimal wöchentlich in der „Wendezeit“ im Anna-Ladener-Haus treffen, mehrfach zwischen Kuchentellern. „Läuft mit Kugellager. Klasse!“, bestätigt Janet das Gespür von Freundin Inge für sinnvolles Handarbeitszubehör. Überhaupt gäbe es die Freundschaft zwischen den beiden Frauen nicht, hätte nicht Janet vor zwei Jahren den Wunsch gehabt, Socken stricken zu können: „Hat Inge mir beigebracht. War Zufall, vorher kannten wir uns nicht.“

Inge strickt ausschließlich Socken, 20 Stunden braucht sie pro Paar. Sie bezeichnet sich selbst als Spätzünder, und einmal mehr kommt der Schwarzwald ins Spiel: „Da hab ich mit 52 einen Socken-Strickkurs gemacht. Drei Abende, da hatte ich’s drauf“, berichtet die humorvolle Inge augenzwinkernd. Und wenn Hildegard (aktuelles Projekt: Weste mit überschnittener Schulter in dunkelblau mit Zopf, Rückenteil fertig) sagt „Inge strickt wie eine Maschine“, dann ist das ein Kompliment: „Sehen aus wie gekauft, die Socken.“ Trends auf dem Wollmarkt wie Garne, die „von selbst“ ein Streifenmuster bilden, kommen Sinn und Zweck des Treffs der „Roten Ratten“ (abgeleitet vom Maskottchen der TV-Quiz-Show „Zonk – Geh’ aufs Ganze!“) sehr entgegen: „Klatschen, quatschen, dabei was Schönes machen.“ Alle Damen beherrschen die Kunst, synchron reden und handarbeiten zu können; Geselligkeit, Austausch und liebevolle Kabbeleien sind Trumpf. Jede bringt mit, was sie gerade in der Mache hat, im Moment sind Socken der Renner: „Am besten sind die mit der Bumerang-Ferse. Die haben die perfekte Passform und überstehen Waschen ohne Ende“, ist über klappernde Nadelspiele hinweg zu vernehmen. Es geht aber auch anders, was kuschelige Fußbekleidung betrifft: Marlies hat sich der quergestrickten Socke verschrieben: „Ideal für zu Hause, zum Rumlümmeln auf dem Sofa“, lächelt die 75-Jährige. „In Schuhe kommt man damit nicht rein.“ Die Masche mit dem Quergestrickten, weiß Wendezeit-Leiterin Bernadette Peters („Ich kann ein bisschen häkeln, sonst nichts...“), ergibt wunderbare Fan-Socken, sie selber hat welche in Rot, Weiß und Blau. Marlies, Lieblingsfarben Türkis und Lila, trägt so gut wie ausschließlich Selbstgestricktes: „Wenn ich mal was Gekauftes anhabe, werde ich schon komisch angeguckt.“ Stricken hat sie mit fünf von der Oma gelernt und selbst schon ehrenamtlich Kurse geleitet. Nachbarin Christel, 80, nadelt für den guten Zweck: „Flicken“ für eine so genannte Lepradecke im Patchworkstil. Handarbeiten, das wissen auch die jüngeren „Roten Ratten“, ist gut für „den Kopp“ und hält Finger und Handgelenke schön beweglich.

„Handarbeit“ ist für die fidelen Fadenkünstlerinnen ein weiter Begriff, in der Gruppe entstehen auch glamouröse Ketten aus – wiederum in Handarbeit hergestellten – Kugeln, putzig eingekleidete Figuren (wie „Jünter“ oder „Katrin Müller-Hohenstein“), Nikolaus-Strümpfe und Adventskalender. Letztendlich bringt es Margret („Ideen kommen mir durch das Material, und wenn ich denke, ich schaff’s schon, dann klappt es auch.“) auf den Punkt: „Das ist einfach eine schöne Gruppe hier.“ Die Sache mit dem Talent, da sind sich die Damen einig, sei eher relativ: „Viel wichtiger ist die Lust, was zu machen.“ Kontakt über Bernadette Peters, Telefon 02166/62 30 722; wendezeit-marien-ry@arcor.de.

(StadtSpiegel)