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Von der Schulbank zur Kamera

Von der Schulbank zur Kamera

Mathe, Englisch, Kunst und dann "Spielfilm". Klingt nicht nach einem normalen Stundenplan? An der Gesamtschule Brüggen schon. Dort drehen Schüler seit einiger Zeit einen Spielfilm — ohne Profis, neben dem Unterricht und mit ganz viel Herzblut.

Mystisch flackern die Flammen der beiden hohen Wachskerzen im Schatten der Backsteinmauern. Hinter den Stangen des eisernen Tores verbirgt sich nicht nur Dunkelheit, sondern auch Carmillas Geschichte. In wenigen Augenblicken wird sie Laura in ihre dunkle, geheimnisvolle Welt mitnehmen und dann — "Klappe!" — Nein, wir sind hier nicht mitten in "Twilight" oder einer historischen Erzählung gelandet, sondern in Brüggen bei den Dreharbeiten zu "Bedlam". Ein Spielfilm von und mit Schülern der Gesamtschule Brüggen.

"Ich habe mich schon immer für Film interessiert. Mit zwölf drehte ich meinen ersten Spielfilm, während des Studiums habe ich mein Geld mit dem Dreh von Musik- und Werbevideos verdient", erzählt Mathelehrer Holger Wiek. Durch die Theater-AG fand er zurück zu seiner Leidenschaft und rief den ersten Spielfilm "Elisabeth Báthory" ins Leben. Gemeinsam mit 17 Schülern der Klassen neun bis 13 steckt er nun mitten in den Dreharbeiten zu "Bedlam", dem mittlerweile dritten Spielfilm an der Gesamtschule Brüggen.

Zwei junge Damen in der viktorianischen Gesellschaft, Liebe, Verrat und teuflische Dämonen sind Thema des Films. Er basiert auf der Novelle "Carmilla" von Sheridan Le Fanu und den Geschichten der Nervenheilanstalt "Bethlem Royal Hospital", kurz: Bedlam.

Was zunächst durch Spenden finanziert wurde, bekommt mittlerweile Unterstützung der Gemeinde. Diese hat professionelles Kamera-Equipment für die Schule angeschafft, das Filmteam dreht im Gegenzug kurze Imagefilm-Episoden für die Gemeinde. "Für uns ist das eine riesige Unterstützung. Der Film wird rund 6 000 Euro kosten", berichtet Holger Wiek.

Das Können in Sachen Kamera, Schauspiel, Ton und Schnitt haben sich die Schüler zum Großteil selbst angeeignet. Nach einem Einstiegs-Workshop hieß es nämlich: learning by doing. "Ich hab schon immer viel mit einer Spiegelreflexkamera fotografiert. Der Sprung zur Filmkamera war dann nicht mehr so groß und irgendwie ist so ein Sprung ins kalte Wasser auch spannend", erzählt Kamera-Director Jannik Pöstges. Der 20-Jährige ist eigentlich fertig mit der Schule, kam aber für die Dreharbeiten noch einmal zurück. Zum Einen um dabei zu sein, zum Anderen, um seinen Nachfolger Lasse anzulernen.

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Fehlt dann einmal doch das Fachwissen zur Kameratechnik, gibt es natürlich Unterstützung von Holger Wiek. Was so ein Projekt bewirken kann, sieht man an Jannik Pöstges. Er ist jetzt auf dem Weg sein Hobby zum Beruf zu machen und tritt bald ein Praktikum beim WDR an.
Auch die beiden Hauptdarstellerinnen Leandra Vossen (19) und Lena Jänicke (18) haben das Schauspielen während der Dreharbeiten gelernt. Zwar gab es Vorerfahrungen aus Theaterstücken und etwas Schauspielunterricht, der Rest kam jedoch mit der Zeit. Besonders die vielen Emotionen rüberzubringen sei schwer. "Laura ist eher ruhig, weiß aber genau was sie will. Das passt auch in gewisser Weise zu meinem eigenen Charakter", erklärt Lena Jänicke. Auch Leandra Vossen legt viel von ihrer eigenen Person in ihre Rolle. "Carmilla denkt immer um zehn Ecken und ist sehr selbstbewusst", berichtet sie.


"Dieses Mal gehen wir natürlich an die Grenzen. Carmilla und Laura führen eine sehr innige Beziehung, es gibt sogar einen Filmkuss. Wir achten sehr genau darauf, was wir unseren Schülern zumuten können und ab wann es zu weit geht", betont Holger Wiek. Vor der Szene wurde beispielsweise intensiv mit den Schülern gesprochen.


Dass die Schüler ihre Freizeit opfern und nach der Schule oder in den Ferien, wenn die Mitschüler im Freibad liegen, mit voller Konzentration und Hingabe an dem Film arbeiten, rührt den Lehrer und macht ihn stolz. Besonders das Gemeinschaftsgefühl schätzen alle Beteiligten an diesem Projekt. "An seine Grenzen zu gehen, Neues auszuprobieren und am Ende den fertigen Film auf der großen Leinwand zu sehen, das ist eine riesen Motivation und ein tolles Gefühl", sind sich die Schüler einig. "Es ist immer wieder toll zu sehen, was für ein Talent in den Schülern steckt", sagt Holger Wiek.


Nach circa 30 Drehtagen, 120 bis 150 Stunden Schnitt und noch mal so viel Nachbearbeitung wird es dann geschafft sein. Schon jetzt ist der nächste Film der Gesamtschule Brüggen in Planung "Dann geht es mal nicht um Vampire und mystische Wesen, versprochen", sagt Holger Wiek schmunzelnd.

(StadtSpiegel)