Zehn Meter lang blind

Zehn Meter lang blind

Die blinde Viersenerin Nina Odenius (27) hat drei Monate in einem europäischen Projekt zur Sensibilisierung im Umgang mit Sehbehinderten und Blinden in Pisa mitgearbeitet - ihre Erfahrungen haben sie bewogen, sich auch in ihrer Heimat verstärkt dafür einzusetzen.

„Das war ganz schön schwer, sich mit dieser Brille, die einen nur hell und dunkel unterscheiden lässt, und dem Blindenstock zurechtzufinden“, sagt Hendrik (12) aus der 7b des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums. Seine Mitschüler Marten (12) und Robin (12) ergänzen: „Das ist echt ungewohnt – wenn man die Simulationsbrille aufsetzt, bekommt man eine Idee davon, wie es wäre, sehbehindert oder blind zu sein!“

Gemeinsam mit Schulleiter Christoph Hopp, den Fachlehrerinnen Katja Krause und Dr. Andrea Windhövel, die den Ausflug organisiert hat, konnten Schüler aus vier Klassen am Montag das Erlebnismobil der Chris toffel-Blindenmission ausprobieren, können sich Bücher in Brailleschrift anschauen oder sich mit Dunkelbrille an einer Runde Tischball versuchen. „Solch eine Aktion fördert nicht nur die Sensibilität, sondern ist natürlich auch ein Stück gelebte Inklusion“, sagt Schulleiter Hopp. Im Erlebnismobil gehen die Schüler – ausgestattet mit Simulationsbrille und Langstock - blind durch einen kurzen Hindernisparcours und müssen sich für einige Minuten ganz auf ihren Tast- und Hörsinn verlassen. „Auf dem zehn Meter langen Gang werden eine Mülltonne oder eine Treppenstufe so schon eine echte Herausforderung“, weiß auch Daniel Paul Köhler, externer Mitarbeiter der Christoffel-Blindenmission.

Insgesamt drei Aktionstermine hat die Romanistikstudentin Nina Odenius in ihrer Heimatstadt vorbereitet, der erste Tag davon fand auf dem Rathausmarkt vor dem Stadthaus statt. „Ich selbst bin ein Frühchen gewesen – meine Netzhaut hat sich auf einem Auge als Folgeschaden direkt abgelöst, auf dem anderen Auge konnte durch eine Operation die Fähigkeit erhalten werden, hell und dunkel zu unterscheiden“, erklärt sie. „Mein ganzes Leben bin ich als Blinde immer wieder mit Unsensibilität im Umgang mit mir konfrontiert worden – die Menschen haben Hemmungen, trauen sich nicht, mich anzusprechen, sind verwirrt, weil ich in einem Gespräch keinen üblichen Blickkontakt halte. Ich habe gemerkt, wie groß das Interesse ist, wie viele Fragen die Menschen haben, aber wohl offensichtlich nicht den Mut, diese auch zu stellen!“ Deshalb hat sie die Bürgersprechstunde von Sabine Anemüller aufgesucht, ist dort mit ihrer Idee, durch verschiedene Aktionen die Hemmungen abzubauen und gesellschaftliche Barrieren zu überwinden, direkt auf offene Ohren gestoßen.

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Die notwendige Unterstützung bei der Umsetzung bekam sie auch. „Ich mag Menschen, und ich mag den Austausch“, fasst Nina Odenius ihre Motivation zusammen. An diesem Nachmittag sitzt sie mit Freunden und Fremden gemeinsam am Cafétisch im Stadthaus – jeder Interessierte ist heute hier zum Kaffeetrinken mit Dunkelbrille eingeladen. „Ich kenne Nina als Freundin meiner Tochter von klein auf und empfinde den Umgang mit ihr als normal – hier jetzt jedoch quasi blind mit ihr am Tisch Kaffee zu trinken ist eine interessante Erfahrung und lässt mich noch viel besser nachvollziehen, wie es ihr und anderen Blinden täglich ergeht“, sagt Sabine Schulte (56) aus Viersen.

(StadtSpiegel)