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Zwei starke Schauspieler

Zwei starke Schauspieler

Es war ein Abend der Gegensätze: Auf der einen Seite Pierre Sanoussi-Bliss als Kleinkrimineller Driss, den es aus dem Banlieue in das Anwesen eines Multimillionärs in der Pariser City verschlägt. Auf der anderen Seite Matthias Freihof als Philippe, der zwar Geld wie Heu hat, aber halsabwärts gelähmt an den Rollstuhl gefesselt ist.

Während Pierre Sanoussi-Bliss mit vollem Körpereinsatz am Samstagabend bei der Premiere über die Bühne der Schlossfestspiele Neersen fegen durfte und sich als Driss über alle Normen und Tabus hinwegsetze, war Matthias Freihof in seiner Rolle gefangen. Und das im wörtlichen Sinn: Bewegen durfte er lediglich seinen Kopf, den elektrischen Rollstuhl steuerte er mit dem Mund. Einzig mit der Sprache und mit der Mimik konnte er ausdrücken, was Philippe gerade bewegte.

 Entspannung vom harten Alltag im Rollstuhl: Driss hat Philippe zu seinem ersten Joint überredet. Foto: Büntig
Entspannung vom harten Alltag im Rollstuhl: Driss hat Philippe zu seinem ersten Joint überredet. Foto: Büntig

Trotzdem beeindruckten beide Schauspieler das Publikum gleichermaßen. Der eine mit seiner extrovertierten Art, der andere mit seinem ganz zurückgenommenen Spiel, bei der die Stimme der Spiegel der Seele war. Dieses starke Spiel der Protagonisten machte es den übrigen Beteiligten schwer. Selbst Dagmar Hurtak-Beckmann, welche als Magalie, persönliche Sekretärin des Millionärs, ebenfalls viel Bühnenzeit hatte, trat in den Hintergrund.

Extrem schwierig dürfte auch für Regisseur Jan Bodinus die Umsetzung des Stücks gewesen sein, dass auf dem französischen Erfolgsfilm „Ziemlich beste Freude“ der Regisseure Olivier Nakache und Eric Toledano basiert. Bodinus hat aus dem Film, der auch von seinen Actionszenen lebt und dessen Handlung an einer ganzen Reihe von Orten spielt, eine Art Kammerspiel gemacht, das sich ganz auf die Hauptdarsteller konzentriert und dem sich auch Bühnenbild und Kostüme unterordnen. Lediglich der Musik gesteht Bodinus dabei eine treibende Kraft zu, mit der es ihm immer wieder gelingt, das Publikum zusätzlich in den Bann zu schlagen. So können die Zuschauer erleben, wie Driss an seiner Aufgabe als Pfleger des Millionärs menschlich wächst und wie der Millionär Philippe dank der ehrlichen und direkten Art von Driss wieder neuen Lebensmut findet.

Minutenlange stehende Ovationen des Premierenpublikums zeigten den Schauspielern und dem Regisseur, dass es ihnen gelungen war, mit einfachen Mitteln einen ganz schwierigen Stoff umzusetzen.

(StadtSpiegel)