Unterwegs mit „Siggi“

Unterwegs mit „Siggi“

„Siggi Sauber“ hat mit seinem „Saubermobil“ ganzjährig viel zu tun. Zwischen den Feiertagen werden die Müllberge allerdings immer höher. Redakteur Alexander Ruth begleitete den stillen Helden der Stadt Meerbusch.

Er sah Erhellendes – aber auch Erschreckendes.

 Der dreckigste Standort Nummer eins in Meerbusch: An der Büdericher Hildegundisallee.
Der dreckigste Standort Nummer eins in Meerbusch: An der Büdericher Hildegundisallee. Foto: aru

„Hallo, Siggi“, winkt der Rentner am Straßenrand an der Necklenbroicher Straße. „Siggi“, winkt mit einem Lächeln zurück und startet seine Tour diesmal in Büderich. „Sie nennen mich alle Siggi, dabei heiße ich Markus Tilgner – aber Siggi ist okay.“ Der 50-Jährige ist seit 2001 bei der Stadt Meerbusch beschäftigt und fährt das „Saubermobil“. „Jeden Tag, von montags bis freitags.“ Dass er seinen Job mit Leidenschaft macht, merkt man sofort. Dauernd fliegt der Blick bei der Fahrt hin zu Bäumen, zu Stromkästen, zu Ecken, an die die restlichen Meerbuscher nicht einmal denken. Er ist Profi, macht seine Arbeit äußerst ordentlich. Unter der 916 123 mit jeder Vorwahl der einzelnen Stadtteile ist er zu erreichen. Er und seine Kollegen kommen kostenlos bei jedem Hinweis über eine Verschmutzung. „Allerdings wiegen wir die Prioritäten ab. Wir haben 48 Stunden, um den Müll wegzuräumen.“ Ist es nicht dringlich, wird der Ort in die Route eingebunden: Osterath, Strümp, Bösinghoven, Lank, Rheingemeinden und letztlich Büderich ist der Ablauf. Jeden Tag wird ein anderer Startort gewählt. Doch jetzt zwischen den Feiertagen werden nur die „Härtefälle“ angefahren. „Sonst würden wir das gar nicht schaffen.“ Denn: „Wir haben zwischen acht und zehn Brennpunkte in Meerbusch.“ Orte, an denen die Meerbuscher ihr gutes Benehmen ganzjährig vergessen. Gibt es ein Ranking? „Ja.“ Der „versauteste“ Standort ist der Container-Platz an der Hildegundisallee. „Da packt man sich einfach an den Kopf.“ Der Schiefbahner stoppt das „Saubermobil“, steigt aus und verdreht die Augen. Die Container sind leer, sämtlicher Abfall ist einfach auf den Boden geworfen worden. „Die machen sich noch nicht einmal die Mühe, es reinzuschmeißen, die pfeffern das einfach auf den Boden.“ Anhalten, abladen. Und es ist einfach alles dabei: Elektroschrott, Plastik, Kleidung, Papier, Pappe, gebrochenes Glas und vieles mehr. „Ich habe hier schon knietief drin gestanden, fast alles sauber gehabt, da kam eine Frau vorbei, warf mir ihren Karton vor die Füße.“ Sie habe die Hände in die Luft gehalten und sagte: „Ich will mir ja meine Fingernägel nicht noch mehr versauen.“ Weiter geht’s zur Poststraße. „Oh, Mann“, sagt „Siggi“. Auch dort sieht es zwischen den Feiertagen aus wie Hulle. Notiert. Wird weggemacht. Die Papier- und Altglascontainer werden dreimal in der Woche geleert. „Unsere Nummer zwei ist der Lanker Schützenplatz.“ Dort sieht es ebenfalls schrecklich aus. Allerdings sind die Papiercontainer tatsächlich voll. „In dem Fall muss man eigentlich den nächsten Container ansteuern – und nicht den Müll einfach davor absetzen.“ In Strümp hält die städtischen Angestellten ein Lebensmittelsünder seit Jahren auf Trab. „Das ist wirklich ekelig.“ In blauen Säcken liegen in ganz Strümp an wechselnden Orten blaue Müllbeutel mit einem pürierten Lebensmittelbrei herum. Diesmal neben einem Container am Friedhof. Er schneidet ihn auf. Würg. Übelkeit. „Und das im Sommer bei 30 Grad – das macht keinen Spaß.“ Und Meerbuscher sollten nicht denken, „das sind die von außerhalb“. Dem ist nicht so. Der Großteil kommt aus der direkten Nachbarschaft. Bei seinen Umweltsünden ist der Meerbuscher nicht besonders helle. „Da stehen die Adressen auf den Kartons.“ Die werden abfotografiert und dem Ordnungsamt übermittelt. Alleine bei dieser Tour findet er in den unterschiedlichsten Stadtteilen gleich mehrere. „Gustav-van-Beek-Allee“ und „Heinrich-Heine-Straße“ in Strümp am Standort Osterather Straße sind nur einige davon. Aber er hat auch Highlights: Besonders vorbildlich ist der Container-Standort im Neubaugebiet an der Görgesheide. Alles picobello. Der glühende Udo Lindenberg-Fan muss nicht viel machen. Und es geht noch besser: „Einmal wollte ich an einem Standort anfangen zu fegen, da kam eine ältere Dame heraus. Sie schimpfte mit mir.“ Verdutzt habe er sie angeschaut. „Was mir denn einfallen würde? Wenn ich das mache, würde ihr Mann ja keine Arbeit mehr haben.“ Ein Grinsen. Markus Tilgner liebt seinen Job. Und er liebt Meerbusch. Sein Fazit nach der Tour: „Meerbusch ist schon eine sehr saubere Stadt. Schaut man sich die Städte rundherum an, kann man schon glücklich sein.“ Aber auch dank „Siggi“.

(Report Anzeigenblatt)