Kabarettist Jürgen Becker im TiG : Der Sound zum Klimawandel
Wenn Jürgen Becker am 8. März mit seinem Programm „Deine Disco – Geschichten in Scheiben“ im TiG auftritt, ist das politisches Kabarett und Disco zugleich. Denn: „Ohne Musik wäre die Geschichte anders verlaufen“, so Becker, der Politik, Platten, Protest und Pointen auf der Bühne live zu einer Radioshow mischt. Was seine Zuschauer genau erwartet? Der Extra-Tipp hat ihn gefragt.
Herr Becker, Ihr aktuelles Programm verspricht einen Mix aus Politik, Unterhaltung (Pointen) und Musik wie im Radio – warum lohnt es sich trotzdem, Sie zu sehen statt das Radio anzustellen?
Wer ein Thema nach vorne bringen will, muss die damit verbundenen Emotionen wecken. Daher habe ich meine Worte mit Musik unterlegt, die in der Geschichte eine wichtige Rolle spielte. So werde ich zum Discjockey der Politikgeschichte. Das gab es so noch nicht.
Inwiefern sind Ihrer Meinung nach Politik und Geschichte mit Musik verbunden?
Die 68er hatten Jimmy Hendrix, die Flower-Power-Generation Janis Joplin, die Hausbesetzer Ton Steine Scherben, die Friedensbewegung Bots & BAP, die Frauenbewegung Ina Deter. Fridays for Future hat alle Wissenschaftler auf ihrer Seite, aber es ändert sich fast nichts, der CO2-Ausstoß steigt, statt zu sinken. Warum ist das so? Es fehlt der Soundtrack, der alle mitreißt und für Resonanz sorgt. Der Niederrheiner Josef Beuys antwortete auf die Frage, ob man mit Kunst die Welt verändern könne, mit dem Satz: „Nur mit Kunst!
Und welchen Soundtrack empfehlen Sie zur Klimabewegung/zur aktuellen Lage?
Ich mache in dem Programm „Deine Disco“ tatsächlich einen unwiderstehlichen Vorschlag, der alle mitreißt. Lassen Sie sich überraschen!
Sie gehören zur „analogen Generation“ – hören Sie noch LPs oder sind Sie auf MP3, Streaming & Co. umgestiegen?
Ich höre LPs, habe aber auch mehrere Playlists bei Spotify.
Fürs Plakat zum Programm haben Sie sich in einen pinken Sweater geschmissen – kommen Sie auch so poppig ins TiG?
Ich kann rosa Schuhe und ein pinkes T-Shirt anbieten...
Im TiG geht’s ja im Vergleich zu TV und großer Bühne eher wie im Wohnzimmer zu – wie finden Sie das? Beziehen Sie das Publikum mit ein?
Mir gefällt das TIG sehr und aller Erfahrung nach wird das Publikum enthusiastisch singen.
In der Schule zweimal sitzen geblieben, über Umwege (Ausbildung zum grafischen Zeichner bei 4711, Sozialarbeit-Studium, Jobs als LKW-/Traktorfahrer) zum Stunksitzungsgründer und -präsidenten, dann Kabarettisten und Moderator (Mitternachtsspitzen)... Was ist Ihr persönlicher Soundtrack zum Leben?
Der ändert sich täglich, ich bin immer sehr neugierig auf Neuerscheinungen, liebe aber auch Kuriositäten wie der Beatles-Welthit „Here comes the Sun“ auf der LP Beach-Party Volume II von James Last. Alte Platten vom Flohmarkt sind für mich ein nie versiegender Quell der Erheiterung.
„Biotop für Bekloppte“ heißt das Lesebuch über Köln, das Sie mit Martin Stankowski, Stadtführer und Autor, herausgegeben haben. Sitzen wir da nicht alle drin, in diesem Biotop?
Im Grunde ja. Köln liegt ja am Niederrhein, der geographisch in Bonn beginnt. Insofern steckt in uns allen ein wenig von dem, was Hanns Dieter Hüsch so unnachahmlich beschrieb: Wir wissen nichts, können aber alles erklären.
Sie sind 2023 mit dem Recklinghäuser Ehren-Hurz geehrt worden – ehrlich, was kann das noch toppen?
Eine goldene Schallplatte von Howard Carpendale.
