1. Mönchengladbach
  2. Meine Gesundheit

: Sorge um die „Generation Corona“

: Sorge um die „Generation Corona“

Zur Schule gehen, Neues lernen, draußen toben, mit anderen Kindern spielen – was zum Kindsein gehört, ist seit Corona oft gänzlich nicht mehr vorhanden. Kinder werden trotz Krankheit oder Verletzung nicht zum Arzt gebracht. Kinder- und Jugendärzte in Mönchengladbach machen sich Sorgen um das Wohl der Kinder. Sie fordern einen Schutzschirm.

„Die Situation ist verheerend: Kinderkliniken können vielen Kindern erst zu spät oder gar nicht helfen, weil die Eltern übertriebene Sorge vor einer Covid-Infektion haben“, erzählt Dr. Jörg Hornivius, Kinderarzt i.R. und Koordinator der kinder- und jugendärztlichen Notdienstpraxis Heinsberg-Mönchengladbach, alarmiert. Zwei Wochen habe die Mutter eines Dreijährigen mit Zuckerkrankheit einen Arztbesuch hinausgezögert. Und in der Kinderklinik seien gleich mehrere durchgebrochene Blinddärme operiert worden! Hornivius ist, wie auch viele Chefärzte der Kliniken für Kinder und Jugendliche bundesweit, überzeugt: „Das Wohl der Kinder ist akut gefährdet.“

Auch Prof. Wolfgang Kölfen, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche der Städtischen Kliniken Mönchengladbach, einer der größten Kinderkliniken NRWs, warnt vor massiven Folgen der Einschränkungen in Folge von COVID. Als 1. Vorsitzender des Verbands Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD) in NRW zieht er ein erstes Resumée: 85 Prozent der vom VLKKD befragten Chefärzte seien besorgt um die körperliche und geistige Gesundheit der Kinder und Jugendlichen als Folge der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. 92 Prozent der Chefärzte hätten den Eindruck, dass Eltern derzeit überfordert sind. Und mehr als zwei Drittel berichteten von Ängsten, unter denen Kinder und Jugendliche aktuell leiden. Für Köpfen besonders schlimm: der Rückgang der jungen Patienten auf über 40 Prozent. „Wir können vielen kranken Kindern gerade nicht helfen, weil wir sie nicht sehen“, so Kölfen.

Besorgniserregend sind auch die tatsächlich messbaren Vorfälle. So verzeichnet ein Chefarzt fünf zum Teil schwer verletzte Kleinkindern nach Fensterstürzen binnen einer Woche.„Besondere Sorge machen uns die Kinder aus bildungsfernen Schichten“, so Kölfen. „Kaum Schule oder Kindergarten, kein geregeltes Essen, kein Schulsport, keine Betreuung in Sportvereinen – was als kurzfristige Maßnahme begann, wird stillschweigend zum Dauerzustand. Wir verlieren den Kontakt zur kindlichen Realität und leiten langfristige Entwicklungsstörungen ein.“

Dabei, so Kölfen, hätten internationale Studien gezeigt, das „die Übertragung von Kindern auf Erwachsene selten zu sein scheint.“ Für Köpfen steht fest: „Wir brauchen einen Schutzschirm für die zehn Millionen Kinder und Jugendlichen.“ An die Eltern appelliert er: „Gehen Sie mit Ihrem Kind zum Arzt, wenn es Beschwerden äußert oder etwas nicht stimmt!“