Über Erinnerungen stolpern

Über Erinnerungen stolpern

Insgesamt 14 neue „Stolpersteine“ hat der Kölner Künstler Gunter Demnig in Mönchengladbach verlegt. Sie erinnern an die Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus.

Alle Blicke hafteten am Donnerstag auf dem Kölner Künstler Gunter Demnig, als er den glänzenden „Stolperstein“ in den Bürgersteig setzt. Während Bürgermeister Ulrich Elsen eine Passage aus „Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto“ liest, gedenken die Anwesenden der Autorin des Buches, Hilde Sherman. Sie überlebte die NS-Zeit und verstarb 2011 in Jerusalem. Viele haben Blumen mitgebracht, die sie neben den Stein legen und unterhalten sich über die „alten Zeiten“.

Genau das steht hinter den Stolpersteinen: Das Erinnern an die Opfer dieser schrecklichen Zeit. Europaweit hat Gunter Demnig bisher knapp 57 000 Stolpersteine verlegt, rund 255 davon finden sich in Mönchengladbach wieder. Sie werden jeweils vor den letzten selbst gewählten Wohnorten der Opfer in den Boden gelassen. „Nicht der Stein ist das Kunstwerk, sondern die Tatsache, dass wir hier alle zusammenkommen und uns erinnern“, betont Demnig. In der Messingplatte auf den Steinen sind Name, Jahrgang und das Schicksal der Opfer vermerkt. Demnig hofft, dass mit der Zeit noch viele weitere Stolpersteine folgen werden. „Auch wenn mir jetzt was passiert, habe ich dafür gesorgt, dass es Nachfolger gibt, die meine Arbeit weiterführen“, scherzt der Künstler.

Auf der Berger Dorfstraße wurde als erster von 14 Stolpersteinen der für Hilde Sherman, geborene Zander, in den Boden vor ihrem Elternhaus gesetzt. Sie überlebte als einzige ihrer Familie den Holocaust. Olga Goldberg erinnert sich: „Hilde war für mich immer eine strahlende Frau und das Strahlen dieses Steins erinnert mich an sie“, erzählt sie, während sie auf den in der Sonne glänzenden Stein schaut. Die beiden Frauen lernten sich 1989 bei einem Treffen der ehemaligen jüdischen Bürger Mönchengladbachs kennen und hatten seitdem regelmäßig Kontakt miteinander.

Neben dem neuen Stein liegen schon vier weitere, mittlerweile etwas dunkel gewordene. Diese sind Hildes Eltern und den beiden Geschwistern gewidmet. Auch Eveline Hicke-Bachmann kannte Hilde aus ihren Vorträgen und hatte seitdem regelmäßig Kontakt mit ihr: „Als die Steine für ihre Familie verlegt worden sind, ist ihr ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Jetzt sind sie hier alle zusammen und vielleicht merkt sie das ja auch da oben im Himmel“, erzählt sie glücklich.

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„Diese Kunstwerke zeigen, dass wir in Mönchengladbach nicht vergessen“, betont Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners und dankte dem Künstler für seine Arbeit.

Nachdem der Stein verlegt war, fuhr Gunter Demnig mit 13 weiteren Steinen noch an fünf andere Stationen in Mönchengladbach. Zur Erhaltung der Kunstwerke putzten Abiturienten vor knapp einem Jahr 85 der Mönchengladbacher Stolpersteine.

(Report Anzeigenblatt)