Pilot überlebte den Absturz

In dem Fall des im Zweiten Weltrkiegs in Brüggen abgestürzten Flugszeugs (der Extra-Tipp berichtete), haben die Ermittler nun ein Flugzeug gefunden - allerdings nicht das, welches sie dort erwartet hatten.

Die Geschichte beginnt schon am 18. Dezember 1944 – und nicht im Januar 1945, wie das Recherche-Team des DPAA (Defense POW/MIA accounting agency, eine Abteilung des United States Departement of Defense) angenommen hatte. An diesem Tag war Second Lieutenant Donald L. Turnidge mit seiner P51D Mustang gemeinsam mit anderen Piloten in Martlesham Heath in England gestartet, um Ziele in Gießen und Paderborn zu bombardieren.

Seine Kameraden sahen, wie die Maschine über die Seite wegkippte, ins Trudeln geriet und in siebeneinhalb Kilometern Höhe unter die dichte Wolkendecke tauchte. Ob es ein Treffer war oder ein Sauerstoffmangel im Cockpit den Piloten kurzzeitig bewusstlos werden ließ, ist nicht völlig geklärt, vieles spricht für den fehlenden Sauerstoff.

Nach diesen Augenzeugenberichten seiner Kameraden ging man davon aus, dass der 22-Jährige den Absturz nicht überlebt haben könnte. Aber es war ihm noch gelungen, mit dem Fallschirm abzuspringen. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, wurde in ein Lager in die Nähe von Stralsund gebracht und konnte 1946 zu seiner Frau nach Hause zurückkehren. Die beiden bekamen drei Kinder und zahlreiche Enkel auf einer Farm in Oregon. Der Ex-Soldat blieb der Fliegerei immer treu und hatte im Laufe der Jahre verschiedene Kleinflugzeuge. Er starb im November 2004, fast 60 Jahre nach dem Absturz über Brüggen, an den Folgen einer Krebserkrankung. Zurück auf das Feld in Brüggen: Hier hatte ein Archäologen-Team von DPAA im Mai erste Grabungen vorgenommen. Zeugenaussagen und eine Menge Daten hatten darauf hingewiesen, dass dort ein amerikanisches Flugzeug liegen könnte, dessen Pilot als im Kampf verschollen gilt und später für tot erklärt wurde. Es ist die Aufgabe der Archäologen, zu recherchieren, sterbliche Überreste zu bergen und so den Hinterbliebenen Gewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen zu geben. Die werden erst über die Suche informiert, wenn ein Vermisster gefunden worden ist. Denn die Suche dauert Jahre, manchmal Jahrzehnte. Schon 2005 hatte es Hinweise auf ein Flugzeug dort im Acker in Brüggen gegeben. Alle Recherchen deuteten auf eine Maschine hin, die im Januar 1945 abgeschossen worden war. Und die Suche vor Ort im Mai ließ sich gut an. Schnell war klar: Hier ist etwas. Und als dann das Spornrad einer P51 Mustang auftauchte, schien alles zusammenzupassen. Weil in diesem Bereich das Grundwasser schon 40 Zentimeter unter der Oberfläche liegt, musste eine weitere Mission geplant werden, bei der man abpumpen konnte. Ende Juli kam ein neues Bergungsteam. Die Arbeit ging zügig voran, immer mehr Flugzeugteile kamen zum Vorschein. Und dann das entscheidende Teil. Die Baggerschaufel, die im Wasser fischte, förderte den vorderen Teil eines Maschinengewehrs zutage. Sehr gut erhalten, im Wasser konserviert. Das Schild mit der Registrierungsnummer war deutlich lesbar. Was dann nur Routine sein sollte – nämlich der Abgleich der Nummer – wurde zum Schock. Es war nicht die gesuchte Maschine, sondern die von Turnidge. Weitere Recherchen führten zu einem Luftbild, das eindeutig belegte, dass der Absturzkrater tatsächlich bereits im Dezember 1945 existierte. Für das Team von DPAA war die Mission damit beendet. Denn die Aufgabe der Organisation ist es, Vermisste zu finden. Die Suche nach dem Piloten, der im Januar abstürzte, wird weitergehen, irgendwann. Wenn jemand auf einen Hinweis stößt. Da, wo die Geschichte für die Amerikaner endet, beginnt sie für die Gemeinde Brüggen erst. Denn die Tatsache, dass es ein anderes Flugzeug ist, hat weitreichende Konsequenzen: Der Kampfmittelräumdienst muss nun ausrücken.

(Report Anzeigenblatt)