Die große Verführung der „einarmigen Banditen“ erfasst jeden 10. Bürger: Die Sucht nach dem „Glück“

Die große Verführung der „einarmigen Banditen“ erfasst jeden 10. Bürger : Die Sucht nach dem „Glück“

Jeder zehnte Bürger des Kreises Viersen zwischen 15 und 65 Jahren spielt regelmäßig um Einsätze von mehr als 50 Euro. Für immer mehr Menschen wird das Spielen zur Sucht, weiß Dietmar Lufen, der den Fachbereich Prävention bei der Drogenberatung Kontakt-Rat-Hilfe koordiniert.

Hilfe erhalten Spieler bei der Drogenberatung.

Wer spielsüchtig ist, verliert nicht nur sein Geld, sondern auch seine Selbstkontrolle. Die Folgen sind oft fatal. „Ich kenne Klienten, die wenig verdienen oder Hartz IV bekommen. Sobald das Geld da ist, gehen sie in die Spielhalle und bleiben dort, bis sie alles verloren haben“, berichtet Dietmar Lufen. Den Rest des Monats leben sie buchstäblich von trockenem Brot. Oder sie versuchen, auf kriminellem Weg neues Geld zu beschaffen.

Unter der Spielsucht leiden häufig auch die Angehörigen. „Wir arbeiten mit Familienvätern, die eine Zeitlang heimlich versucht haben, ihre Verluste auszugleichen. Da sich die Systeme der Spielautomaten nicht überlisten lassen, verlieren sie weiter. Irgendwann fällt auf, dass keine dringend notwendige Kleidung für die Kinder gekauft werden kann oder die Miete seit zwei Monaten nicht mehr bezahlt wurde – schon ist die Familienkrise da“, sagt Lufen. Vereinsamung, Depressionen, Scham, Geldnot: Die suchthafte Suche nach dem vermeintlichen Glück im Spiel führt ins Unglück. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Und: Mehr als die Hälfte der Besucher in Spielhallen haben einen Migrationshintergrund, viele Migranten wetten auch in „Sportsbars“. „Glücksspielsucht kann jeden treffen, ist international und führt fast immer in die soziale Verelendung“, betont Lufen. Dennoch gebe es kulturelle Unterschiede: Während deutsche Spieler häufig alleine in einer Spielhalle „zocken“, gehen Südländer lieber zu zweit oder in Gruppen dorthin. Aber auch das schützt nicht vor der Entwicklung einer Glücksspielsucht: „Wer immer mehr spielt und immer höhere Einsätze riskiert, verliert die sozialen Bezüge und rutscht über kurz oder lang in eine Abhängigkeit“, so Präventionsberater Lufen. Bislang finden Migranten nur selten den Weg zu den Hilfsangeboten der Drogenberatung. Fast 70 Menschen haben die Mitarbeiter des Vereins im vergangenen Jahr zum Thema Glücksspielsucht beraten; lediglich acht von ihnen hatten einen Migrationshintergrund. Deshalb weist die Drogenberatung darauf hin, dass die Landeskoordinationsstelle Glücksspielsucht eine kostenfreie türkischsprachige Hotline unter der Telefonnummer 0800–3264762 für Glücksspielsüchtige und ihre Angehörigen eingerichtet hat. In deutscher Sprache ist die Experten-Hotline unter 0800–0776611 erreichbar.Persönliche Hilfe für Betroffene und ihre Angehörigen bietet die Drogenberatung in ihrer Zentrale in Viersen-Dülken (Kreuzherrenstraße 19) sowie in ihren Außenstellen – kostenlos und anonym. Die Außenstelle in Willich befindet sich auf der Bahnstraße 28 im ehemaligen Personalwohnheim des Katharinen-Hospitals. Termine können unter der Telefonnummer 02154 / 814 75 57 vereinbart werden. Die Angebote reichen von Informationsgesprächen und ambulanter Beratung über Paar- und Familiengesprächen bis zur Einzel- und Gruppentherapie. Selbsthilfegruppen unter dem Motto „Der erste Schritt“, die für alle Formen der Abhängigkeit offen sind, finden dienstags, mittwochs und donnerstags von 18.30 bis 20 Uhr statt. Ratsuchende können sich telefonisch unter 2162–95110 oder per Mail an zentrale@krh-online.de an Dietmar Lufen oder Frank Döhla wenden.

(Report Anzeigenblatt)