1. Mönchengladbach

Gespräche zum Thema Hilfesysteme bei sexuellem Missbrauch​

Hilfesysteme bei sexuellem Missbrauch von Kindern : Sie werden nie wieder heil

Auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Günter Krings trafen sich am Mittwochabend Opferschutzverbände und Fachleute mit der NRW-Opferschutzbeauftragten und Richterin Barbara Havliza, um über die Hilfesysteme bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu diskutieren.

Die CDU hatte am Mittwochabend zur Themendiskussion in Karl-Immer-Haus eingeladen. „Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen – wie gut sind die Hilfesysteme vor Ort?“ war der Abend überschrieben und es waren Fachleute aus vielen Sparten des Opferschutzes in die Runde gekommen. „Ein trauriges Thema“, so der Bundestagsabgeordnete Günter Krings, besonders angesichts der hohen Zahlen in Mönchengladbach. Zur Diskussionsrunde waren Vertrer*innen vom Verein Zornröschen, dem Weißen Ring, der Community - ehemalige Heimkinder NRW, der Kinder- und Jugendärzte, der Politik, der psychosozialen Prozessbegleitung, aus dem Schwurgericht, der Polizei, der evangelischen Kirche und der Schulsozialarbeit gekommen. Es war Konsens, dass die Zusammenarbeit zwischen den Opferschutzorganisationen und etwa dem Jugendamt in Mönchengladbach vergleichsweise gut laufe. „Wir sind hier gut vernetzt“, so Jochen Schell Vorstandsmitglied Zornröschen.

Trotzdem sei das ein Riesenthema, das Schritt für Schritt verbessert werden müsse, so Jurist Günter Krings. Wichtigester Punkt: „Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden“, sagte Barbara Havliza, NRW-Opferschutzbeauftragte, Vorsitzende Richterin des Staatsschutzsenats beim Oberlandesgericht Düsseldorf und ehemalige Justizministerin von Niedersachsen. Es könne nicht sein, dass es keine Möglichkeit gebe, zum Beispiel IP-Adressen von Kinderpornografie zu verfolgen. Alle Diskussionsteilnehmer*innen waren sich einig, dass die Opferentschädigungen vereinfacht, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Hilfesystemen verbessert, mehr Hilfe-Personal eingestellt und Childhood-Häuser eingerichtet werden müssen, in denen Videoaussagen möglich seien, da mehrere Befragungen von unterschiedlichen Personen eine große Retraumatisierungsgefahr für betroffene Kinder darstellten. Auch das Thema Fortbildungen wurde diskutiert, um mehr Sicherheit für Personal in Schulen und für Ärzte zu schaffen. Für Richter sei eine Fortbildungspflicht bereits beschlossen, so Krings.

„Sexueller Missbrauch ist ein Riesenfeld, das vom verbalen Übergriff bis zur Vergewaltigung geht“, erklärte Richterin Havliza, und er finde in allen Gesellschaftsschichten statt. Dabei sei es aber wichtig, so Jochen Klenner, Mitglied der Kinderschutzkommisssion im Landtag, zwischen Vernachlässigung und Missbrauch zu unterscheiden. Gerade Missbrauchs-Täter würden alles dransetzen, nicht aufzufallen – etwa durch ungepflegte Kinder.

Barbara Havliza forderte zudem Qualitätsstandards für familienrechtliche Gutachten. Da gebe es große Unterschiede. Außerdem müsse es Fachanwälte für Opferrecht geben. Vor allem aber gehe es um Prävention, damit Kinder gar nicht erst zu Opfern würden. „Kinder müssen lernen, Nein zu sagen und selbstbewusst zu sein“, so Havliza.

„Missbrauchte Kinder werden nie wieder ganz gesund, nie wieder heil“, so Kinder- und Jugendärztin Dr. Renate Harnacke.