Der junge Mozart in seinem Go-Cart

Der junge Mozart in seinem Go-Cart

Dieser Film ist so cool und stylisch, man möchte vor Regisseur Edgar Wright niederknien und a la Wayne’s World „Wir sind unwürdig!“ rufen. Mit „Baby Driver“ hat Wright einen irren Mix aus Gaunerkomödie, Musikfilm und Romanze auf die Leinwand gezaubert, dessen Beat einem sofort in die Glieder fährt.

Edgar Wright war schon immer gut darin, Genres zu verknüpfen und deren Essenz in etwas ganz Neues zu verwandeln. In Shaun of the Dead ließ er Zombiefilme auf Rom-Com treffen, in Hot Fuzz verschmolz er die besten Elemente von Copfilmen mit dem Leben in der englischen Provinz, The World’s End wird vom Buddymovie zum Alienthriller. Und auch dem Marvel-Film Antman sieht man Wrights Handschrift an – obwohl er auf halber Strecke aus dem Projekt ausschied. Mit Baby Driver nun hat er sich einen Traum erfüllt, an dem er seit 1995 gearbeitet hat.

Im Zentrum der Geschichte steht Baby, gespielt von Ansel Elgort („Das Schicksal ist ein mieser Verräter), „der junge Mozart in seinem Go-Cart“ wie Kevin Spaceys Charakter Doc ihn nennt. Seines Zeichens Fluchtwagenfahrer, leidet er seit einem schweren Unfall in seiner Kindheit an Tinnitus. Um diesen auszublenden, hört er immer und überall Musik (hören Sie genau hin, wenn keine Musik läuft, vernimmt man immer ein leichtes Fiepen).

Und genau hier kommt das Geniale an Baby Driver ins Spiel: Der gesamte Film bewegt sich wortwörtlich zum Rhythmus von Babys Musik. Jedes Reifenquietschen, jeder Gangwechsel während einer der spektakulären Verfolgungsjagden, Sprachfetzen von Passanten, das Tippen auf einem Handy, knallende Autotüren, das Feuern der Waffen, selbst das Schmieren eines Erdnussbutter-Sandwiches – all dies ist genau auf den gerade laufenden Song getimed. Baby hat für jeden Überfall den perfekten Song – der, sollte mal etwa schiefgehen – auch ein Stück zurückgespult wird.

Bei den anderen Mitgliedern der Gangster-Crews (hochkarätig besetzt mit unter anderem Jon Hamm, Jamie Foxx, Jon Bernthal und Flea) ist Baby immer Außenseiter. Ohnehin arbeitet er nur unwillig für Doc, um eine alte Schuld zu begleichen. Gewalt ist ihm zuwider. Als Baby die Kellnerin Debora (Lily James, „Downton Abbey“) trifft und sich in sie verliebt, versucht er einen Weg aus seinem Kriminellen-Dasein zu finden: „Ich will auf der 20 nach Westen fahren. In einem Auto, das wir uns nicht leisten können, mit einem Plan, den wir nicht haben. Immer weiterfahren und niemals anhalten“, sagt Baby zu Debora. Doch das ist leichter gesagt als getan...

Baby Driver strotzt nur so vor kleinen Details und Referenzen. Wer den Film mit offenen Augen – und vor allem offenen Ohren – anschaut, wird mehr als belohnt. Ich wette, auch beim zehnten Ansehen wird man noch neue Details entdecken. Edgar Wright mag sich mit Baby Driver einen persönlichen Traum erfüllt haben, der Welt hat er – behaupte ich – einen neuen Kultfilm inklusive Kultsoundtrack geschenkt.

(StadtSpiegel)