DiCaprio: Ein Mann, ein Oscar

DiCaprio: Ein Mann, ein Oscar

"The Revenant" räumte bei der Oscar®-Verleihung gleich dreimal ab (Hauptdarsteller, Regie, Kamera). Wir haben uns den Film angesehen.

Leonardo DiCaprio — ein Mann und endlich auch ein Oscar®! Am Wochenende durfte er den begehrten Academy Award als Bester Hauptdarsteller für seine Rolle in "The Revenant" in Empfang nehmen. Nicht nur er freute sich sichtlich, mit ihm jubelten auch Scharen von Fans vorm Fernseher und prominente Freunde im Saal.

Ohne Frage, die Auszeichnung war fällig. Fragwürdig jedoch, warum er ausgerechnet für diese Rolle mit Lobeshymnen und Preisen überschüttet wurde. Hat sich Leonardo DiCaprio körperlich und psychisch je zuvor für eine Rolle so verausgabt wie für die des Trapper Hugh Glass? Höchst wahrscheinlich nicht. Hat Leonardo DiCaprio jemals zuvor eine bessere schauspielerische Leistung erbracht? Definitiv!

Die Romanvorlage von Michael Punke über die wahre Geschichte des Trappers ist beeindruckend und Regisseur Alejandro González Iñárritu gelingt auch eine wunderbar düstere und beklemmende Szenerie in den 1820ern durch die Weiten der USA. Wer jedoch auf einen packenden Survival-Trip á la "Cast Away" mit Tom Hanks oder "127 Hours" mit James Franco hofft, in dem man sich über 120 Minuten alleine mit Leonardo DiCaprio durch die Wildnis schlägt, wird enttäuscht. Stattdessen werden weitere Erzählstränge und Konflikte in "The Revenant" aufgebaut und — das ist das größte Problem — nicht konsequent zu Ende erzählt. Eine emotionale Bindung zum Hauptdarsteller will sich nicht richtig einstellen, da er kaum spricht, man nur durch verschwommene Rückblenden oder Träume geringe Eindrücke über seine Gefühlswelt bekommt. Und so ist sein Motiv letztendlich nicht der menschliche Überlebenswille, sondern viel profaner: der Wunsch nach Rache.

Eigentlicher Star und wirklich zu Recht mit einem Oscar® ausgezeichnet ist Kameramann Emmanuel Lubezki. Handwerklich ist "The Revenant" grandios und die spektakuläre Bebilderung des kräftezehrenden Überlebenskampfes rettet über manche, erzählerisch schwachen Momente hinweg.

Fazit: Leonardo DiCaprio hielt den Oscar® zu Recht in den Händen — aber eher für sein künstlerisches Gesamtwerk der letzten 20 Jahre, als für seine Verkörperung des Trapper Hugh Glass.

(StadtSpiegel)