1. Mönchengladbach

Städtische Kliniken informieren über RSV-Virus

Was Eltern über das Virus wissen sollten : Die RSV-Welle rollt und rollt

Viele Kinder sind aktuell mit dem RS-Virus (Respiratorisches Synzytial-Virus) infiziert. Manche sogar so schwer, dass sie in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Städtischen Kliniken Mönchengladbach aufgenommen werden müssen. Chefärztin Dr. Sabine Keiser erklärt, was Eltern über RSV wissen sollten.

Wie infiziert man sich mit RSV?

Das RS-Virus gehört in die Gruppe der Erreger, die Erkältungssymptome verursachen. Man steckt sich durch eine Tröpfcheninfektion an, indem man z. B. angeniest oder angehustet wird von einem Menschen, der gerade das Virus hat. Das Tragen der Masken hat so vor zwei Jahren dazu geführt, dass die „RSV-Saison“ nahezu vollständig ausgefallen war. Leider hinterlässt eine Infektion mit dem RS-Virus keine lebenslange Immunität, man kann die Erkrankung vielfach bekommen. Glücklicherweise verlaufen wiederholte Infektionen meist weniger schlimm.

Welche Symptome verursacht eine RSV-Infektion?

Dr. Sabine Keiser
Dr. Sabine Keiser Foto: Städtische Kliniken

In jedem Jahr gibt es von November bis März viele infizierte Patienten. Das Virus befällt Menschen aller Altersklassen. Erwachsene klagen aber meist nur über Schnupfen, Halsschmerzen oder andere übliche „Erkältungszeichen“. Je kleiner der Patient ist, desto eher kann das Virus auch die tiefen Lungenabschnitte befallen. Die Kinder atmen sehr schnell und angestrengt; sie machen auffällige Geräusche beim Atmen und Husten. Der Schnupfen führt bei sehr kleinen Kindern dazu, dass sie dann oft auch nicht mehr trinken möchten, weil sie beim Trinken schlechter Luft bekommen. Viele Kinder haben auch Fieber. Sehr kleine Kinder können schwere Formen von Bronchitis oder Lungenentzündung entwickeln. Sie haben dann leider als Folge ihrer Bronchitis häufig Atemnot und benötigen eine Sauerstofftherapie.

Wie wird eine RSV-Infektion behandelt?

Da RS ein Virus ist, ist die Therapie mit Antibiotika immer wirkungslos. Die Therapie erfolgt immer „symptomatisch“. Das bedeutet, dass die Kinder Nasentropfen bei Schnupfen, fiebersenkende Medikamente bei hohen Temperaturen oder Infusion bekommen, wenn sie nicht mehr trinken möchten. Es gibt zusätzlich verschiedene Medikamente, mit denen Kinder inhalieren können. Leider wirken die beim RS-Virus nicht immer so gut wie wir es sonst z.B. vom Asthmaanfall kennen. Vor allem kleine Kinder benötigten zur Therapie ihrer Atemnot manchmal zusätzlichen Sauerstoff oder sogar Geräte, die sie bei der Atmung unterstützen. Wenn Geräte zur Atemunterstützung eingesetzt werden müssen, kann es sein, dass das Kind auch auf einer Intensivstation betreut werden muss. In jedem Fall ist die Pflege eines RSV-kranken Säuglings anstrengend und aufwendig für Eltern wie auch für Pflegekräfte.

Kann man sich vor RSV-Infektionen schützen? Gibt es eine Impfung?

Gründliches Händewaschen mehrfach am Tag ist sicher immer sinnvoll, um sich vor Krankheitserregern zu schützen. Wahrscheinlich würde es auch einen Schutz geben, wenn nun wieder dauerhaft alle Menschen eine Schutzmaske tragen würden. Leider lernt ein Immunsystem auf diese Weise aber nie, sich gegen einen Erreger zu schützen.

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Es ist erfreulich, dass in diesem Winter ein Impfstoff in die letzte Studienphase geht, der auch das Impfen reifer Neugeborener und Säuglinge ermöglicht. Dieser Impfstoff muss dann nur einmalig gegeben werden. Kinder- und Jugendärzte hoffen sehr, dass dieser Impfstoff in den nächsten ein bis zwei Jahren tatsächlich auch außerhalb von Studien vielen Familien mit kleinen Kindern angeboten werden kann. Wenn ein Impfstoff auf den Markt kommt, wird er für Kinder im 1. Lebensjahr sein, da hier die schweren Verlaufsformen zu erwarten sind. Die breite Bevölkerung wird sich auch mit dem neuen Impfstoff nicht impfen lassen müssen, da wie beschrieben die Erkrankungen beim Erwachsenen harmlos verläuft.

Warum treten RSV-Infektionen aktuell vermehrt auf?

Das RS-Virus ist immer schon ein „Wintervirus“. Da viele Kinder aber in ihren ersten beiden Lebensjahren durch Social Distancing oder Maske tragen keinen Kontakt zum Virus hatten, konnte ihr Immunsystem nicht lernen, mit dem Virus zurecht zu kommen. Eine der großen Herausforderungen dieses Jahres ist es, dass neben dem RS-Virus auch gleichzeitig zahlreiche Kinder am Grippevirus erkranken. In der Summe macht beides dann die riesige Anzahl von kranken Kindern aus, die in den Arztpraxen und den Kliniken behandelt werden müssen.

Wie ist aktuell die Lage in Bezug auf RSV-Infektionen in der Kinderklinik des Elisabeth-Krankenhauses?

Durch die sehr hohe Zahl von schwer kranken Kindern ist die Auslastung aller Kinderkliniken in Deutschland sehr, sehr hoch. Um jedem Kind, das akut Hilfe benötigt, helfen zu können, haben wir alle eingeplanten Untersuchungen und Operationen verschoben. Diese Maßnahme belastet wiederum Familien sehr, die teils schon Monate auf einen Termin gewartet hatten und nun nochmals vertröstet werden müssen. Kein Elternteil muss sich aber sorgen, dass sein Kind erstickt, weil es keine Hilfe mehr gibt. Wir werden immer versuchen, eine Lösung zu finden. Dies kann nur schlimmstenfalls bedeuten, dass wir einem Kind kein Bett heimatnah in unserem Haus anbieten können, sondern ggf. überlegen müssen, ob eine andere Kinderklinik zu diesem Zeitpunkt Betten zur Verfügung hat.

Wir werden immer eine Möglichkeit finden, ein kritisch krankes Kind zunächst einmal mit dem nötigsten zu versorgen. Sowohl in den Praxen als auch im kinderärztlichen Notdienst und der Notfallambulanz der Kinderklinik müssen Familien aber leider mit erheblichen Wartezeiten rechnen. Eine Aufstockung des Personals ist hier leider nicht möglich, weil auch viele Pflegende und Ärzte krank sind und weil es in beiden Berufsgruppen leider einen zunehmenden erheblichen Mangel an Fachkräften gibt.

Wann gehört ein Kind ins Krankenhaus und wann in die Praxis zum Kinderarzt?

Bei aller Sorge oder vielleicht auch Rücksicht auf das überlastete System sollten Familien in jedem Fall ihr Kind in ihrer Kinderarztpraxis ärztlich vorstellen, wenn das Kind vor allem im ersten Lebensjahr hohes Fieber hat, nicht trinkt, apathisch wird oder Zeichen der Atemnot hat. Man erkennt dies daran, dass die Kinder dann schneller atmen, Geräusche beim Atmen machen und vielleicht sogar bläuliche Lippen entwickeln. In diesen Situationen muss ein Arzt oder eine Ärztin das Kind untersuchen. Falls ein Kind beispielsweise unter akuter Atemnot leidet und nur noch bedingt oder gar nicht mehr auf Ansprache reagiert, sollte unbedingt der Rettungsdienst gerufen und unsere Ambulanz der Kinderklinik aufgesucht werden. Bei großer Unsicherheit ist auch eine telefonische Kontaktaufnahme zu der Notfallambulanz der Kinderklinik möglich.

Bei älteren Kindern, die die typischen Zeichen einer Erkältung bieten und vielleicht sogar noch spielen und nahezu „normal“ essen und trinken, ist es legitim, das Kind zunächst einmal als Eltern mit fiebersenkenden Mitteln und Nasentropfen zu behandeln. Bei Unsicherheit oder Symptomen über mehrere Tage sollte aber auch hier ein Arzt oder eine Ärztin gefragt werden.

Die Städtischen Kliniken sind den niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten sehr dankbar, dass sie jeden Tag genau schauen, welches Kind so krank ist, dass es in die Klinik kommen muss; die übergroße Zahl von Kindern mit RS-Viren werden von den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in den Praxen versorgt und dort teils mehrfach täglich gesehen, um Verschlechterungen zeitnah zu bemerken. Die derzeitige RSV-Welle lässt sich nur als große Teamarbeit aller Ärzt*innen und Pflegenden in den Praxen und in der Klinik bewältigen!