Sozialkosten und geringere Zuweisungen sorgen für Millionen-Defizit

Sozialkosten und geringere Zuweisungen sorgen für Millionen-Defizit

Mit dramatischen Mehrausgaben im Sozialbereich (plus 15 Millionen Euro) und Mindereinnahmen bei den Landeszuweisungen (minus 9,3 Millionen Euro) rechnen Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und Kreiskämmerer Ingolf Graul im kommenden Jahr und warnen vor einem Kollaps der öffentliche Haushalte auch im Kreisgebiet.

Lagen die Sozialaufwendungen inklusive Landschaftsumlage im Jahr 2001 noch bei rund 125 Millionen Euro, sollen diese im aktuellen Etatentwurf in den nächsten beiden Jahren auf ein Rekordniveau von über 275 beziehungsweise 281 Millionen Euro steigen. Damit entfallen über 60 Prozent des Gesamtvolumens des Kreishaushaltes auf Sozialleistungen.

Im Mittelpunkt der letzten Sitzung des Kreistages zum Jahresende stand traditionell der Entwurf des Kreishaushaltes. Wie für 2014 und 2015 legten Landrat und Kämmerer den 74 Abgeordneten wiederum einen Doppelhaushalt für die kommenden zwei Jahre vor. Die positiven Erfahrungen im laufenden Haushalt und die finanzielle Planungssicherheit für Städte und Gemeinden, Wohlfahrtsverbände und Vereine sprechen nach Ansicht Petrauschkes und Grauls für die Beibehaltung eines Doppelhaushaltes. Das Haushaltsvolumen beträgt 2016 und 2017 rund 453,8 beziehungsweise 470,2 Millionen Euro und ist in Erträgen und Aufwendungen ausgeglichen.

Die dramatische Entwicklung bei den Sozialkosten und die Mindereinnahmen bei den Landeszuweisungen sind für Landrat und Kämmerer die wesentlichen Gründe, die eine Anhebung des Hebesatzes der Kreisumlage um 1,15 Prozentpunkte auf 40,90 Prozent erforderlich machen. „Zur bitteren Wahrheit gehört deshalb, dass seit 2013 die von unseren Städten und Gemeinden zu zahlende Kreisumlage nicht einmal mehr die vom Kreis zu zahlenden Aufwendungen für Sozialleistungen inklusive Landschaftsumlage deckt“, betonte Landrat Petrauschke in seiner Haushaltsrede und reagierte damit auch auf die Kritik der Bürgermeister, die den Verzicht auf eine Hebesatzerhöhung fordern.

Um insgesamt 4,4 Millionen Euro steigen die Kosten bei der Hilfe zum Lebenserhalt, der Hilfe zur Pflege, der Eingliederungshilfe und beim Pflegewohngeld. Um eine Million Euro in 2016 und weitere 4,5 Millionen Euro auf das Rekordniveau von brutto 81,4 beziehungsweise 85,9 Millionen Euro steigen nach Berechnungen der Kreiskämmerei die Hartz IV-Kosten. Die Rekordsumme von 111 Millionen Euro (plus 8,9 Millionen Euro) muss der Kreis als Landschaftsumlage nach derzeitigen Berechnungen an den Landschaftsverband Rheinland im nächsten Jahr abführen. Das entspricht bereits 40 Prozent der Kreisumlage.

In einer schriftlichen Stellungnahme zum Kreishaushalt hatten die Bürgermeister auch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage des Kreises gefordert. Mit Blick auf die unkalkulierbare Entwicklung der Hartz IV-Kosten unter Berücksichtigung der Flüchtlingskrise in den Folgejahren wollen Landrat und Kämmerer einer erneuten Inanspruchnahme jedoch nicht folgen. „Wenn wir in guten Zeiten mit boomender Wirtschaft und sprudelnden Steuereinnahmen die Ausgleichsrücklage aufbrauchen, verpufft dieser Einmaleffekt schnell (…) Von den ursprünglich 35,9 Millionen Euro haben wir bereits rund ein Drittel verbraucht“, sagte Petrauschke.

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Hart ging der Landrat mit der Landesregierung ins Gericht und verurteilte den vom Land zusätzlich erhobenen Kommunal-Soli: „Voraussichtlich 7,3 Millionen Euro müssen unsere Städte nächstes Jahr zusätzlich durch die Zwangsabgabe an das Land abführen. Damit allein hätte das Haushaltsdefizit im Kreishaushalt rechnerisch gestopft werden können und eine Kreisumlagenerhöhung entbehrlich gemacht. Wer den Kommunal-Soli verteidigt, weil unsere Städte das angeblich schultern können, kann sich schon heute aus der Debatte um die Kreisumlage verabschieden.“

Mit Rücksicht auf die Finanzlage auch bei den kreisangehörigen Kommunen hatte Petrauschke bereits im Vorfeld den Kreisetat nochmals auf Einsparpotenziale überprüfen lassen und einen Sparkurs verordnet. Viele Budgetwünsche der Ämter wurden entweder gesenkt oder ganz gestrichen, Baumaßnahmen sollen zurückgestellt, im Energie- und Kulturbereich sowie in der Öffentlichkeitsarbeit Einsparungen vorgenommen werden. Das Haushaltsdefizit konnte so um 1,2 Millionen Euro reduziert werden. Dennoch klafft ein Finanzloch in Höhe von rund 7,5 Millionen Euro. Petrauschke hat den Bürgermeistern zugesichert, weitere Einsparpotenziale bis zur Verabschiedung im März kommenden Jahres zu prüfen und eventuell eintretende Verbesserungen – auch im laufenden Haushalt – zur weiteren Senkung des Haushaltsdefizits einzusetzen.

Ohne einen deutlichen Rückgang der Soziallasten werden die strukturellen Haushaltsdefizite, insbesondere der schon finanzschwachen, aber selbst der heute noch finanzstarken Kommunen nicht zu lösen sein, ist sich auch Kreiskämmerer Graul sicher. Er erneuerte seine Kritik am Entwurf des Gemeindefinanzgesetzes (GFG) des Landes, der weiterhin den bevölkerungsreichen, kreisangehörigen Raum massiv gegenüber den kreisfreien Großstädten benachteilige. „Viele Millionen Euro werden uns und unseren kreisangehörigen Kommunen durch eine ungerechte Umverteilungspolitik des Landes vorenthalten“, so Graul. Gerade angesichts der anstehenden Herausforderung der Integration von Flüchtlingen seien weitere wesentliche Entlastungen durch Bund und Land unerlässlich, fordern deshalb Landrat und Kämmerer.

Nach der Einbringung des Haushaltes folgen die politischen Beratungen in den Fraktionen und politischen Gremien bevor der Haushalt dann planmäßig am 14. März 2016 im Kreistag verabschiedet wird. Die Haushaltsreden von Landrat und Kreiskämmerer sind im Internet unter www.rhein-kreis-neuss.de nachlesbar.

(Report Anzeigenblatt)