: Hauptlast liegt bei der Frau

Seit 1997 ist Bettina Gläser-Kurth Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Viersen. Anlässlich des internationalen Frauentages am heutigen 8. März sprach Redakteurin Claudia Ohmer mit ihr.

Extra-Tipp: Warum ist eine Gleichstellungsstelle heute noch nötig?

Bettina Gläser-Kurth: Es gibt immer noch Themen, die Frauenrelevanz haben. Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben zwar Fortschritte in der Kinderbetreuung gemacht, aber ausreichend ist das immer noch nicht. Nach wie vor arbeiten viele Mütter in Teilzeit, was Auswirkungen auf ihr Einkommen und die Rente hat – Altersarmut ist weiblich. Frauen in Teilzeit haben kaum Karrierechancen. Die Einkommensstrukturen sind zwischen Männern und Frauen immer noch ungleich. Gewalt in der Ehe, Schutzräume für Frauen und Kinder sind nach wie vor wichtige Themen.

Welche Aufgaben nehmen sie für Bürgerinnen/Bürger der Stadt wahr?

Ich biete Beratung an, damit auch Unterstützung in persönlichen Notlagen. Mein Job ist es zu wissen, wer bietet was an. Vernetzungen anzuregen und zu unterstützen. Dies geschieht im Viersener Frauenforum. Hier habe ich die Geschäftsführung. Die Fäden laufen bei mir zusammen.

Ich greife frauenpolitische Themen auf, sammle zum Beispiel Unterschriften für eine gerechte Mütterrente. Ich binde diese Anliegen an der Basis an und trage sie in den politischen Raum, um Gesetzesänderungen zu ermöglichen. Ich organisiere Veranstaltungsreihen rund um den 8. März mit jährlich wechselnden Themen, um Frauen zu informieren.

Angsträume in der Stadt Viersen waren hier schon Thema vor rund 20 Jahren. Das ist in unsere Stadtplanung eingeflossen. Ich arbeite im Netzwerk W mit.

An größeren Veranstaltungen wie dem Infotag für Wiedereinsteigerinnen, der „Kaffee um 10“, der Austausch zum beruflichen Wiedereinstieg bietet, aber auch an Aktionstagen gegen häusliche Gewalt nehme ich teil und organisiere sie mit. Außerdem gebe ich Flyer und Broschüren heraus.

In welchen Bereichen im Alltag ist das Thema Gleichberechtigung noch nicht angekommen?

Etwa im Sprachgebrauch. Denn wo Frauen nicht benannt werden, werden ihre Leistungen auch nicht sichtbar. Die rein männlichen Begrifflichkeiten stammen aus Zeiten, in denen Frauen noch keiner Berufstätigkeit nachgehen durften. Obwohl Frauen faktisch alle beruflichen Tätigkeitsfelder abdecken, hinkt unser Sprachgebrauch auch 2020 noch hinterher und ist von patriarchalen Strukturen geprägt.

Nach wie vor haben wir eine klassische Rollenverteilung. Auch wenn Männer zunehmend mehr in die Familienarbeit eingebunden werden, liegt die Hauptlast beim Thema Familie und Beruf auf den Schultern der Frauen. Dies ist nicht nur bei der Versorgung von Kindern so. Wenn Eltern pflegebedürftig werden, kümmern sich in der Regel wieder die Frauen um eine Versorgung oder pflegen sogar selber.

Oder beim Lohngefälle zwischen Mann und Frau.

Was gefällt ihnen besonders an ihrer Arbeit?

Die Vielfältigkeit der Themen.