1. Mönchengladbach

Was steckt hinter neuer Strategie zur Verkehrssicherheit​?

Polizei startet neue Strategie für mehr Verkehrssicherheit : Mit „Vision Zero“ bald null Unfälle?

Immer wieder donnerstags wurden sie bekannt gegeben: die anstehenden Geschwindigkeitsmessungen der Polizei Mönchengladbach. Im Rahmen der NRW-weiten neuen Strategie für mehr Verkehrssicherheit, „Vision Zero“ ist damit nun Schluss. Was dahinter steckt und was Gladbachs Verkehrsteilnehmer erwartet, darüber hat der Extra-Tipp mit dem Leiter Direktion Verkehr, Polizeioberrat Christoph Beeker, gesprochen.

Extra-Tipp: Herr Beeker, was steckt hinter der neuen Strategie in Sachen Verkehrssicherheit? „Vision Zero“ – ist das das erklärte Ziel: null Unfälle?

Christoph Beeker: „Vision Zero“ lautet schon seit Anfang der 2000er Jahre europaweit das Ziel. Seit Anfang des Jahres richtet die Polizei Nordrhein-Westfalen noch mal einen verstärkten Fokus auf mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Das Ministerium gibt den Rahmen vor und die Städte entwickeln nach ihrer jeweiligen Situation Strategien, wie das Ganze umzusetzen ist. „Null Unfälle“ ist dabei natürlich utopisch – wir sind alle Menschen und machen auch mal Fehler, sind abgelenkt, unaufmerksam. Da ist es gut, wenn die anderen Verkehrsteilnehmer mitschauen, sich in schwierigen Situationen verständigen.

Und wofür steht #LEBEN?

Damit kommunizieren wir unter anderem in den sozialen Medien. #LEBEN – die Botschaft soll in den Köpfen der Menschen ankommen.

Ist die neue Strategie Folge der Verkehrsentwicklung der letzten Jahre?

Das kann man so nicht sagen, die Zahlen sind relativ stabil. In Mönchengladbach lag die Unfallzahl vor Corona bei etwas unter 10 000 pro Jahr, während der Pandemie bei „nur“ etwa 9 000 und 2022 wieder bei rund 9 700. Die Zahlen für 2023 werden in Kürze bekanntgegeben. Aber die Strategie ist schon in den letzten Jahren gereift.

Wann hat die Polizei MG mit der Umsetzung gestartet? Die Ankündigung der Geschwindigkeitskontrollen wurde erst jetzt eingestellt, oder?

Richtig. Unsere Maßnahmen sind auch nicht in Stein gemeißelt. Es gibt ein Strategiepapier, aber wir passen die Dinge der Entwicklung im Straßenverkehr an, überprüfen die Wirksamkeit unserer Maßnahmen. Im Übrigen haben wir auch vorher nie alle Geschwindigkeitskontrollen angekündigt, sondern zusätzlich auch woanders geblitzt.

Und das Ankündigen von Blitzern hat keinen spürbaren Effekt gehabt?

Die Leute sind dann vielleicht an der Stelle langsamer gefahren, haben aber eine Straße weiter wieder Gas gegeben. Darum heißt unsere Botschaft jetzt ganz klar: Wir sind da, mit uns muss man überall rechnen!

Gibt es denn künftig auch mehr Geschwindigkeitskontrollen?

Eher nicht. Aber wir werden künftig Fahrer*innen bei Verstößen immer anhalten.

Warum, reicht nicht ein Knöllchen mit der Post?

Wir machen das zum einen, um die Fahrzeugführer*innen eindeutig zu identifizieren. Außerdem bietet sich die Gelegenheit, nachzusehen, ob jemand verkehrstüchtig ist oder auch welchen Grund jemand hat, sich in einer bestimmten Gegend aufzuhalten. So können etwa Wasserwerker-Tricktäter, die ja tagsüber unterwegs sind, gestellt werden. Darüber hinaus werden wir im einen oder anderen Fall ein verkehrserzieherisches Gespräch führen.

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Das klingt zeit- und personalaufwendig...

Ist es auch. Ein Radarwagen wird von einem Regierungsbeschäftigten bedient und dazu kommen mindestens zwei Polizisten für die Verkehrskontrolle.

Das Ordnungsamt macht doch auch weiterhin Geschwindigkeitskontrollen – sprechen Sie sich eigentlich ab?

Nein, da gibt es keine Listen, die abgeglichen werden. Aber wenn wir irgendwohin kommen, und das Ordnungsamt steht schon da, stellen wir uns natürlich nicht daneben. (Lacht.)

Werden wegen Tempoüberschreitung angehaltene Fahrer*innen manchmal auch aufmüpfig?

(Nickt.) Die Leute sind meistens nicht damit einverstanden. Aber die Kollegen sind alle hervorragend ausgebildet und verstehen sich darauf, schwierige Situationen durch Kommmunikation zu entschärfen. Zu echten Widerständen kommt es an der Stelle nicht.

Auto- und Motorradfahrer sind aber nicht die einzigen Unfallverursacher...

Nein, natürlich nicht, auch auf E-Scooter-, E-Bike- und Radfahrer, und Fußgänger haben wir ein Auge.

Außer nicht angekündigten Geschwindigkeitskontrollen – was sieht die Polizei MG im Rahmen der neuen Strategie noch vor?

Abstandsverstöße auf der Autobahn sollen verstärkt geahndet werden, das ist aber Sache der zuständigen Polizei Düsseldorf. Themen in Gladbach sind die Verkehrsdichte, das Parken, Verkehsregelungen wie die Protected Bike Lane. Auch wird das Thema Unfallflucht stärker in den Fokus gerückt. Ein Verkehrsunfallort ist ein Tatort. Zum Glück gibt es heute hervorragende Methoden; wir können mit digitalen Spuren und Luftaufnahmen von Drohnen arbeiten und bei schweren Unfällen hochspezialisierte Spurensucher und -auswerter hinzuziehen.

Was erhoffen Sie sich von der Strategie, bis Sie in den Ruhestand gehen?

Ich bin sehr gespannt, wie sich alles entwickelt. Nach all den Jahren mache ich meine Arbeit immer noch gern. Und es ist eine Freude, zu sehen, wie fachlich versiert meine Kollegen sind, wenn zum Beispiel einer anhand der Reifenaufstandflächen sieht, dass ein sonst eher unauffälliger LKW überladen ist.