1. Mönchengladbach

Probeläuten an der Evangelischen Hauptkirche Rheydt

Schwingungsmessung an der Evangelischen Hauptkirche Rheydt : Wenn die Glocken hell erklingen

Nach drei Jahren Stille im Turm läuteten am Donnerstag erstmals wieder die Glocken der Evangelischen Hauptkirche in Rheydt – für eine Schwingungsmessung. Mit der sollte festgestellt werden, ob das Glockenläuten ohne die Gefahr von Turmschäden wieder aufgenommen werden kann.

Eine tolle Aussicht und strahlender Sonnenschein – was will man mehr am Arbeitsplatz? Roman Klik, Bauingenieur an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik der TH Köln, hat kein Problem mit Arbeitsplätzen in schwindelerregender Höhe. Die Glockenstube der Rheydter Evangelischen Hauptkirche in rund 40 Metern Höhe ist nicht der erste Ort, an dem er im Auftrag von Institutsleiter Professor Wolfram Kuhlmann Schwingungsmessungen mittels Sensoren vornehmen muss. Außerdem hat er den Höhenkletterer Frank Filips zur Sicherheit an seiner Seite.

Kurz nach 11 Uhr sind die beiden mit ersten Ergebnissen vom Nordturm wieder heruntergekommen. „Die Schwingungsgeschwindigkeit darf während des Vollgeläutes nicht mehr als 5 Millimeter pro Sekunde betragen“, sagt Fachmann Klik, und nach seinen Messungen sei sie unterhalb dieses Schwellenwertes. Letzte Auskunft darüber gebe aber später ein Gutachten, vor dem auch noch der so genannte Resonanzabstand gemessen werden müsse. Den erklärt er für Laien mit dem berühmten Beispiel von Soldaten, die im Gleichschritt über eine Brücke gehen und diese so ins Pendeln bringen. Doch auch da geht der Fachmann nicht von problematischen Ergebnissen aus. Mögliche Risse oder andere Schäden hätten nach ersten Eindrücken wohl eher nichts mit dem Geläut von „ Pit“ und seinen beiden Glocken-„Kolleginnen“ zu tun, vermutet er.

Bauvereins-Vorsitzender Jochen Semmler (l.) und Projektsteuerer Rudolf Thieme mit den beiden größten Brocken, die 2020 aus der Fassade gefallen sind.
Bauvereins-Vorsitzender Jochen Semmler (l.) und Projektsteuerer Rudolf Thieme mit den beiden größten Brocken, die 2020 aus der Fassade gefallen sind. Foto: Markus Rick

Pfarrer Stephan Dedring hatte das ohnehin vermutet. Die Stücke, die sich 2020 aus dem Fassadenmauerwerk gelöst hatten und heruntergefallen waren, hätten das durch Korrosion der Stahlstifte in ihrem Inneren getan, sagt er, „nicht durch Glockengeläut“. „Mit der Schwingungsmessung sollen Erkenntnisse gewonnen werden, ob die Glocken der Hauptkirche ohne Gefahr für die Entstehung weiterer Turmschäden wieder geläutet werden dürfen“, erklärt Jochen Semmler, Vorsitzender des Bauvereins der Kirche. „Der liebe Gott hat die Steine runterfallen lassen, damit wir die Sache untersuchen“, ist er überzeugt.

Die Schwingungsmessung ist einer von vielen Schritten des 10-Millionen-Projektes Sanierung Rheydter Hauptkirche, die nur häppchenweise und mit Fördermitteln bewältigt werden kann. „Wir wollen möglichst keine Gelder aus der Kirchensteuer angreifen, da die ja für die Gemeindearbeit vorgesehen sind“, sagt Semmler. So sammelt der Bauverein unentwegt Stiftungsgelder, Spenden und Fördermittel und hat gerade auch wieder 200 000 Euro zur Sanierung der Helmspitze überwiesen, die im September wieder aufgesetzt werden soll. Vorher müsse aber noch die Kuppel und das Tragwerk saniert werden, sagt Projektsteuerer Rudolf Thieme, Geschäftsführer der Danielzik Baumanagement GmbH. Besonders heikel: In schwer zu erreichender Enge und luftiger Höhe sei Material angegriffen und müsse schadstoffbelastete Beschichtung abgetragen werden. Aber alle sind sich einig: Das wird klappen.

Zusagen für weitere Spendengelder hat der Bauverein bereits.