Schicksale werden greifbar

Schicksale werden greifbar

Von Oktober bis Dezember 2017 haben sich rund 1 000 Menschen die Ausstellung „Reise ins Ungewisse. Flucht und Vertreibung nach 1945 in die Altgemeinden der Stadt Willich“ im Schiefbahner Heimatmuseum KampPitter im Dr.-Oetker-Park angeschaut.

Schon damals waren die gezeigten Exponate und die Zeitzeugen-Videos sehr beeindruckend.

Mit der Freischaltung des Internetauftritts beendet die Projektgruppe „Reise ins Ungewisse“ ihre zweieinhalbjährige Arbeit.
Mit der Freischaltung des Internetauftritts beendet die Projektgruppe „Reise ins Ungewisse“ ihre zweieinhalbjährige Arbeit. Foto: Schütz

Mit der Ausstellung war die Arbeit der Heimatfreunde Willich, des Bürgervereins Anrath und des Willicher Stadtarchives aber noch nicht beendet. Allein gut 6 000 Akten zu den Flüchtlingen, die im Archiv vorhanden waren, mussten digitalisiert werden. Bei sieben Minuten Arbeit pro Akte dauerte dies bis zum 10. Oktober dieses Jahres. Jetzt kann man sich all diese Daten, Fotos, Grafiken, Statistiken oder Videos von Zeitzeugen im Internet gut aufbereitet von Dirk Görres unter www.willich-nach-1945-flucht-und- vertreibung.de anschauen.

Genau 4 809 Vertriebene und Flüchtlinge kamen von 1945 bis 1963 nach Anrath, Neersen, Schiefbahn und Willich. Die meisten flohen aus Schlesien, Ostpreußen, Pommern und der Sowjetischen Besatzungszone (später DDR). Weitere kamen aus Westpreußen und dem Sudetenland bzw. der Tschechoslowakei dazu. Mit Hilfe von Karten, Infotafeln und Grafiken im Internet kann man diese Fluchtwege jetzt bis ins Detail nachvollziehen. Ebenso findet man Informationen zu den ehemaligen Ostprovinzen des Deutschen Reiches und zur Situation in den damaligen Willicher Altgemeinden (Ankunftsorte).

Besonders interessant – vor allem für auswärtige Nutzer – dürfte die Personensuche sein. Man kann mit einem Namen suchen, mit dem Fluchtort, dem Fluchtjahr oder auch mit dem Ankunftsjahr in den Willicher Altgemeinden. Wird man hier fündig, kann man sofort ein Antragsformular zur Akteneinsicht ausfüllen, das letztlich beim Stadtarchiv eingeht. Hier wird dann – auch mit Blick auf die Datenschutzverordnung – entschieden, ob die Akteneinsicht gewährt wird.

Bewegende Zeitzeugen-Videos findet man im Bereich Provinzen: Flucht bei minus 27 Grad auf offenem Pferdewagen, Vertreibung aus dem Geburtshaus mit nichts außer 30 Pfund Gepäck, endlose Fahrten in Viehwaggons, Tod und Vergewaltigung als ständige Begleiter. Den Flüchtlingen blieb nichts erspart.

(StadtSpiegel)