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Extra-Tipp-Interview zum Jahreswechsel mit Viersens Bürgermeister Günter Thönnessen im Stadthaus: Es droht ein schmutziger Wahlkampf

Extra-Tipp-Interview zum Jahreswechsel mit Viersens Bürgermeister Günter Thönnessen im Stadthaus : Es droht ein schmutziger Wahlkampf

Kurz vor dem Ende des Jahres traf Extra-Tipp-Redakteur Dirk Kamps jetzt Viersens Bürgermeister Günter Thönnessen in dessen Büro im Stadthaus zum Interview. Das Stadtoberhaupt wird bei der Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr nicht mehr antreten.

Darüber und über andere aktuelle Themen hatte Thönnessen einiges zu berichten.

Extra-Tipp: Herr Thönnessen, Ihre Amtszeit biegt so langsam auf die Zielgerade ein. Verspüren Sie Wehmut, wenn Sie daran denken, dass Sie letztmalig als Bürgermeister den Jahreswechsel erleben werden?

Günter Thönnessen: Derzeit gibt es einige Veranstaltungen, die ich letztmalig als Bürgermeister erlebe, wie zum Beispiel die Prinzenproklamation oder demnächst den Neujahrsempfang. Ein bisschen Wehmut ist dabei. Aber unterm Strich steht fest, dass man irgendwann Platz machen muss.

Gab es nie den Wunsch, doch noch ein paar weitere Bürgermeister-Jahre dranhängen zu können?

Nein, denn irgendwann kommt man nicht mehr raus, findet den Absprung nicht. Ich selbst habe meine Perspektiven für die Zeit danach. Vielleicht werde ich nicht ganz raus sein. Genaues möchte ich noch nicht verraten. Klar ist aber, dass ich mich aus der Politik in Viersen zurückziehen werde.

Der Innerstädtische Erschließungsring gilt als Ihr Herzensprojekt. Warum ist es Ihnen so wichtig? Wird die Eröffnung noch in Ihre Amtszeit fallen?

Auf jeden Fall. Im Sommer wird die Eröffnung sein. Der Erschließungsring öffnet viele Möglichkeiten. Das sieht man, wenn man ihn bewusst vom Kreisverkehr an der Krefelder Straße bis zum Kreisverkehr an der Gladbacher Straße entlang geht. Es kommen Grundstücke zu Tage, die vormals im Hinterhof lagen. Eine Menge ist hier in Bewegung. Beatrice Kamper (

) ist hier sehr aktiv. Wir arbeiten sehr gut zusammen, ich schätze ihre zupackende Art. Das Projekt ist in guten Händen.

Welche Herzensangelegenheiten können Sie noch nennen?

Im Sommer wird die Umgestaltung des Gereonsplatzes fertig sein. Auch der Bahnhofsvorplatz ist zu nennen. Und der Edeka in Dülken ist mit viel Herzblut versehen. Er wird vielleicht nicht mehr in meiner Amtszeit eröffnet, aber es ist schon deutlich erkennbar, was hier entsteht.

Das Handlungskonzept Wohnen ist auf den Weg gebracht worden. Hat es schon Früchte getragen?

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Die ersten Aufträge werden vergeben, ja. Wichtig zu nennen ist das Thema der Innenentwicklungspotenziale, die von der Landes- und Bezirksregierung forciert werden. Das heißt, dass der Flächenverbrauch in der Peripherie eingeschränkt werden soll. Es orientiert sich alles in Richtung Zentrum. Hier gibt es Potenziale in den Siedlungsräumen. Wir haben eine Menge Flächen mit bereits bestehender guter Infrastruktur. Ein gutes Beispiel, das bereits umgesetzt wurde, ist das Festhallenumfeld.

Festzuhalten bleibt, dass der Zuzug nach Viersen erheblich ist. Ohne diese Neubürger wäre unsere Einwohnerzahl um 2.000 Menschen geringer. Den Ball müssen wir weiterspielen.

Zu einem anderen Thema, das die Viersener in diesem Jahr bewegt hat: Der Krankenhausstreit. Mittlerweile ist klar, dass Süchteln die Geriatrie erhält. Wie sieht denn der aktuelle Stand aus? Das St. Irmgardis soll ja Tochtergesellschaft des AKH werden. Eine solche GmbH sollte ja bis Jahresende geschaffen werden.

Die Zusage als Geriatriestandort war durch Einsprüche aus der Region relativ lange offen. Diese war eine Bedingung für die Schaffung der neuen Gesellschaft. Jetzt laufen konkrete Gespräche. Es bleibt ein schwieriges Brett, da einige Akteure nur für sich denken. Wichtig ist aber die Stadt. Den Termin Jahresende können wir nicht halten. Ich bin aber optimistisch, dass wir die neue GmbH bis zum Sommer verwirklichen werden.

Ob im alten Praktiker-Gebäude, in der Galerie am Rathausmarkt oder an einem ganz anderen Ort – ein Elektromarkt in Viersen ist ein heißes Thema. Wie sieht hier der aktuelle Stand aus? Und braucht Viersen einen Elektromarkt?

Er stünde uns gut zu Gesicht. Bei dem Standort ist es wichtig, der Innenstadt nicht zu schaden. Deshalb unterstütze ich auch nicht den Standort Kanalstraße. Schon jetzt tätigen hier viele Leute ihre Einkäufe und nicht in der Innenstadt. Ein zweites Stadtzentrum können wir nicht gebrauchen. Deshalb ist wichtig, dass wir zentrumsnah denken.

Im Frühjahr wird in Mönchengladbach das Minto eröffnen. Kann Viersen – vor allem der Einzelhandel – gelassen sein?

Das Minto ist keine Gefahr, sondern eine Herausforderung. In dem Einkaufszentrum werden die Ketten vertreten sein, die wir ohnehin schon aus der Umgebung kennen. Die Chance von Viersen ist die gute Einkaufsatmosphäre. Wir müssen mit dem guten Service und mit den Fachgeschäften punkten. Hier liegen die Chance und die Herausforderung.

In diesem Jahr ist die Primusschule in Viersen gestartet. Ist es eine Bereicherung für die Schullandschaft, oder wie bewerten Sie das Projekt ein halbes Jahr nach dem Start?

Schule ist wie ein Markt. Hier bestimmen Angebot und Nachfrage. Und die Nachfrage bestätigt, dass das Angebot der Primusschule ankommt. Sie ist quasi ausgebucht. Ich bin mir sicher, dass es die richtige Entscheidung war, die Primusschule in Viersen auf den Weg zu bringen.

Planen Sie jetzt schon, für was Sie sich im Ruhestand Zeit nehmen möchten?

Ich arbeite jeden Tag zu 130 Prozent. Von 130 auf 0, das bekommt man nicht hin. Außerdem ist es ungesund. Wie schon gesagt, werde ich eine Aufgabe übernehmen. Darüber hinaus werde ich mich weiterhin mit viel Zeit der Bildhauerei widmen. Auch eine Ausstellung kann ich mir vorstellen, wenn ich nicht mehr Bürgermeister bin.

Vor allem in Sozialen Medien scheint der Wahlkampf schon auf vollen Touren zu laufen. Wie bewerten Sie das?

Ich habe da echte Sorgen. Manches ist sehr weit unterhalb der Gürtellinie. Da werden hinter Pseudonymen anonym Behauptungen aufgestellt, die dann aufgegriffen werden. Mit Sachlichkeit und Fairness hat das nichts zu tun. Wahlkampf ist zwar kein Streichelzoo. Aber es muss fair sein. Ich befürchte, dass uns ein unsauberer Wahlkampf bevorsteht.

Zum Abschluss: Egal, wer nun auf Sie folgt. Welche Themen werden für Viersen in den kommenden Jahren die bedeutenden sein?

Es sind vor allem die Dauerbrenner. Die Finanzsituation der Stadt ist zu 95 Prozent fremdverschuldet, also von Bund und Land. Wichtig bleibt zudem, den demografischen Wandel weiterhin im Blick zu halten. Bedeutend bleibt es, in der Region konkurrenzfähig zu sein. Das betrifft unterschiedliche Themen, wie die Krankenhauslandschaft, die Verkehrsanbindung und natürlich die Stärkung des Wirtschaftsstandortes.

Herr Thönnessen, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben.

Gerne.

(Report Anzeigenblatt)