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Offene Antwort für den Förderverein

Offene Antwort für den Förderverein

Wir berichteten in unserer Ausgabe vom 20. Mai in dem Artikel "Streit um Denkmalschutz" über den Bau einer Mauer in Lüttelforst. Daraufhin schrieb der Förderverein für Kultur und Tradition Lüttelforst einen offenen Brief an die Gemeinde, den wir auf unserer Homepage veröffentlicht haben.


Hierauf hat die Gemeinde Schwalmtal nun eine "Offene Antwort" formuliert.
Das Rheinische Amt für Denkmalpflege wird in den nächsten Tagen eine eigene Stellungnahme abgeben. Die Antwort des Kreises Viersen ist in der gemeindlichen Antwort enthalten.


Sehr geehrte Frau van de Flierdt-Bonsels,
gerne beantworte ich Ihnen die von Ihnen in Ihrem "Offenen Brief" aufgeworfenen Fragen, soweit Belange Einzelner dem nicht entgegenstehen.
Einige grundlegende Dinge möchte ich aber voranstellen.
Eine kurzfristige Beantwortung war mir leider nicht möglich, weil ein umfangreicher Fragenkatalog gestellt wurde, dessen Beantwortung nicht nur durch die Gemeinde Schwalmtal erfolgen kann, sondern auch eine Abstimmung mit anderen Behörden, dem Eigentümer, etc. erforderte.
Insbesondere das Thema des Datenschutzes muss beachtet werden. Ein Informationsanspruch z.B, aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) bzw. dem Umweltinformationsgesetz (UIG NRW) findet dort die Grenzen, wo die Schutzinteressen des Eigentümers betroffen sind. Daher mussten einige Passagen meines Antwortschreibens vom Eigentümer autorisiert werden, weil unter strenger Beachtung des Datenschutzes eine Beantwortung mir nicht möglich gewesen wäre.
Weiterhin möchte ich zunächst deutlich machen, dass bis heute lediglich ein Lüttelforster Bürger bei der Gemeindeverwaltung vorstellig geworden ist und sich über die in Rede stehende Situation vor dem Haus Lüttelforst 105 erkundigt hat.
Da die direkte Vorsprache im Rathaus in anderen Fällen bisher durchaus der übliche Weg ist und hier im Hause lediglich die vorstehende Anfrage eingegangen ist, verwundert in diesem Zusammenhang die Vorgehensweise und Argumentation des Fördervereins.
An dieser Stelle darf ich aus Gründen der Vollständigkeit an das Gespräch mit Ihnen hier im Hause am 23.04.2015 erinnern, an dem Sie ausführten, dass Ihre "aufmerksame Haltung" dem Vorhaben gegenüber auch daraus resultiert, dass ein seinerzeit am Ankauf des Herbertzhofes interessierter Bürger aus Lüttelforst dem Förderverein für den Fall des Erwerbs ein Nutzungsrecht in Aussicht gestellt hat, dieser Kaufvertrag aber nicht zustande gekommen ist.
Nach Ihren Ausführungen sind die Verhandlungen seinerzeit u.a. deshalb gescheitert, weil die zuständige Genehmigungsbehörde einer Umnutzung der im Außenbereich liegenden Gebäude nicht zugestimmt hat.

In der Sache teile ich Ihnen folgendes mit:
Bei dem Herbertzhof handelt es sich um ein Einzeldenkmal, wie es in dieser Güte am Niederrhein nicht mehr oft zu finden ist. Seine Bedeutung liegt nicht nur in seiner äußeren Gestalt, sondern maßgeblich auch in seiner erhaltenen inneren Aufteilung und Ausstattung. Daher ist die Schutzwürdigkeit des Anwesens auch als sehr hoch einzustufen. Das LVR-Fachamt für Denkmalpflege im Rheinland und die dortigen Restaurierungswerkstätten betreuen den Umbau und die Instandsetzung des Herbertzhofes.
Nun liegt dieses Denkmal, was den Abfluss des Oberflächenwassers angeht, sehr ungünstig. Die Durchfeuchtung der straßenseitigen Fassade des Wohnhauses Herbertzhof hat nach Einschätzung der beteiligten Planer und Fachplaner verschiedene Ursachen.
Die Straße führte bisher direkt am Wohngebäude vorbei, so dass eine Spritzwasserbelastung vorliegt. Das Gefälle der Straße geht zudem gegen die Fassade, so dass gerade Starkregen die Fassade zusätzlich durchfeuchtet; die Hanglage inkl. versiegelter Park-und Wegeflächen führt hier zu einer stärkeren Belastung.
Der Zulaufbereich ist nach einer aktuellen Erosionsrisikobewertung der Landwirtschaftkammer Rheinland rund 35.000 Quadratmeter groß. Der Abfluss konzentriert sich dabei im Wesentlichen auf den Wirtschaftsweg bzw. über das Kirchengrundstück und fließt direkt auf die Hoffläche zu.
Das Straßenniveau liegt am Wohnhaus heute deutlich höher als bauzeitlich. Dadurch liegt das heutige Fußbodenniveau unter dem Straßenniveau.
Der Fassadenaufbau des Wohnhauses begünstigt eine Durchfeuchtung, da die harte Klinkerschale mit einem sehr weichen Ziegel hintermauert ist, welcher offenbar gut Feuchtigkeit einlagert. Dies hat auch dazu geführt, dass im Erdgeschoss (anders als im Obergeschoss) keine historischen Dielenböden erhalten sind und innenliegende Fachwerkwände deutliche Schadensbilder an den Fachwerkschwellen zeigen.
Eine Beprobung dieses Hintermauerungsziegels durch ein Fachbüro hat im Juni 2014 keine schadensursächliche oder auch nur nennenswerte Salzbelastung ergeben; eine Salzbelastung durch landwirtschaftliche Nutzung ist nach unserer Erfahrung eher bei Wirtschaftsgebäuden mit entsprechender Nutzviehhaltung zu erwarten. Eine Satzbelastung durch Streusalz o.ä. hat sich nicht bestätigt. Die hochwertige, denkmalgeschützte und bedeutsame Ausstattung führt dazu, dass der Feuchteschutz des Gebäudes eine besondere Priorität hat. Hier wurden, abermals in intensiver Abstimmung mit allen Beteiligten, mehrere miteinander verknüpfte Maßnahmen beschlossen und für die weitere Umsetzung vorgesehen.
Dabei mussten grundlegende Maßnahmen wie die Abfangung des Oberflächenwassers im Vorfeld des Gebäudes, der Rückbau der Straße auf das bauzeitliche Niveau und eine Änderung der Gefälleführung der Straße unberücksichtigt bleiben, da diese nicht in der Zuständigkeit des Grundstückseigentümers liegen bzw. einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert hätten.
Zu den abgestimmten Maßnahmen gehört eine mechanische Horizontalsperre, die aufgrund der erhaltenen Rotterdamer Fliesen niedrig angesetzt werden muss und mit einer Bodenabdichtung kombiniert wird. Auch die Verbesserung der Dachentwässerung mit größeren Rinnenquerschnitten und mehr Fallrohren sowie einem Anschluss an eine entsprechende Entwässerungsleitung sind abgestimmt. Die Minderung der Spritzwasserbelastung erfolgt u.a. durch eine Rückverlagerung des Straßenverlaufs.
Zudem wurden verschiedene Ansätze diskutiert, um die Oberflächenwässer wirksam abzuleiten. Hier wurden verschiedene Rinnen-, Bordstein-und Mauerlösungen diskutiert. Da die bisherigen Erfahrungen mit Starkregenereignissen auch an dieser Stelle sehr negativ waren, wurde von dem Grundstückseigentümer in nachvollziehbarer Sorge um das Denkmal und dessen Ausstattung die aus seiner Sicht und aus Sicht der beteiligten Straßen-und Baugrundfachleute sicherste Lösung gewählt, die zugleich reversibel ist und in keinem baulichen Kontakt mit dem Denkmal steht. Hier hat eine intensive und auch zeitaufwendige Güterabwägung stattgefunden.

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Insofern ist diese Lösung nicht alternativlos; es ist jedoch eine Lösung, die dem berechtigten Wunsch des Grundstückeigentümers nach einem wirksamen Feuchteschutz Rechnung trägt. Sie ist auch in ein Gesamtkonzept eingebunden, das die abgelenkten Oberflächenwässer selbstverständlich nicht auf Nachbargrundstücke ableitet.
Darum wurde auch die beantragte denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt. Die tatsächliche Bauausführung weicht aber in Teilen davon ab. Deshalb möchte ich darauf hinweisen, dass in Kürze noch Veränderungen vorgenommen werden.

Ich bin mir sicher, dass nach endgültiger Fertigstellung dieser Maßnahme ein deutlich verträglicheres Ortsbild vorliegt. Dann werden auch die Baken wieder weggenommen.
Bereits in der Vergangenheit wurden im Verlauf der K29 an einzelnen Stellen Maßnahmen ergriffen, um die Straßenentwässerung bzw. die Entwässerung des wild abfließenden Oberflächenwassers zu verbessern. Art und Umfang (einschließlich möglicher Grunderwerbsfragen) der Maßnahmen wurden und werden auch zukünftig stets im Einzelfall geprüft und festgelegt. Im konkreten Fall wurde dies in Abstimmung mit Gemeinde und Eigentümer festgelegt. Die Errichtung der L-Stein-Mauer wurde kostenmäßig vom Eigentümer getragen. Auch der hierzu erforderliche Erwerb des schmalen Streifens wird vom Eigentümer getragen.

Ihre Anregung, das Thema in Form einer Bürgerversammlung zu thematisieren, halte ich für nicht zielführend. Bei einer entsprechenden Veranstaltung würde die Gefahr bestehen, dass man den Bauherren "an den Pranger" stellt. Und dies wird sicherlich nicht im Interesse des Fördervereins sein.
Bekanntlich handelt es sich bei den Bauherren um eine junge Familie, die dauerhaft in Lüttelforst wohnen möchte. Im Sinne eines einvernehmlichen Miteinanders sollte man hierauf Rücksicht nehmen.

Hinsichtlich der von Ihnen genannten örtlichen Situationen der Nachbargebäude in Lüttelforst weise ich darauf hin, dass es - sofern dort ebenfalls Probleme hinsichtlich der Straßenentwässerung bestehen - keine Generallösung gibt. Für jedes Grundstück wäre bei Bedarf eine Einzelfallbetrachtung durchzuführen und damit auch eine Einzelfalllösung zu finden.
Zudem handelt es sich auch nicht bei allen Häusern um Einzeldenkmale, so dass auch Schutzmaßnahmen ergriffen werden können, die einem Eigentümer eines Denkmals, der die vorhandene denkmalwerte Bausubstanz grundsätzlich zu erhalten hat, nicht immer zur Verfügung stehen. Insofern ist keine Vergleichbarkeit der Fälle gegeben.
Sollte hier für den einzelnen Grundstückseigentümer ein Handlungsbedarf bestehen, steht die Gemeindeverwaltung gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,


Michael Pesch, Bürgermeister