1. Willich

Willicher Firma kämpft bei IHK um Frachkraft

Thema Fachkräfte-Einwanderung : Von „beschleunigt“ keine Spur

Wenn der Innenminister und die Außenministerin persönlich nach Brasilien reisen, um dort Fachkräfte anzuheuern, dann ist die Lage ernst. Gleichzeitig wiehert der Amtsschimmel besonders laut, wenn besagte Fachkräfte tatsächlich hier anfangen wollen. Die Willicher Firma Candella kann ein Liedchen davon singen. Sie wartet seit Monaten auf das Ok für einen marokkanischen Facharbeiter.

Ayoub Goutou sitzt im marokkanischen Tiflet buchstäblich auf gepackten Koffern. Über ein Arbeitskräfte-Internetportal ist er mit der Willicher Firma Candella Metallverarbeitung GmbH zusammen gekommen. „Er wollte eigentlich in Deutschland seine Ausbildung vervollständigen“, sagt Geschäftsführer Martin Mooz, aber das sei gar nicht nötig. Ayoub Goutou ist ausgebildeter Zerspanungsmechaniker und kann auch alles, was man dafür in Deutschland können muss. Und Deutsch spricht er auch.

Über Gehalt und Arbeitszeiten wurde man sich per Videokonferenz schnell einig. Candella stellte über das Programm „Make it in Germany“ der Bundesregierung den Antrag auf ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren. „Das war im November 2022 und wir haben alles sehr schnell erledigt, inklusive der Zahlung von 411 Euro Gebühren für das beschleunigte Verfahren und 800 Euro Gebühren an IHK FOSA, weil es bei uns dringend ist“, sagt Martin Mooz, das Fehlen der Fachkraft habe das Unternehmen schon sehr viel Geld gekostet. Mehr als ein Viertel der 800 Euro an IHK FOSA hat die Firma übrigens dafür gezahlt, dass es besonders schnell geht...

Doch nun ist die Sache irgendwie ins Stocken geraten. Candella hat bei „Make it in Germany“ nachgefragt, doch dort verweist man auf die Abteilung FOSA (Foreign Skills Approval) der Industrie und Handelskammer (IHK). Auf Twitter findet Mooz viele andere Betroffene, die zum Teil schon über ein Jahr warten.

Warum das so ist? Der Extra-Tipp hat bei der IHK nachgefragt. Tatsächlich passt das Wort „beschleunigt“ nicht so richtig. Bei der IHK FOSA außer der Zentrale einen Ansprechpartner zu bekommen, war auch für den Extra-Tipp fast unmöglich. Ergo lief die Kommunikation hier auch nur per Mail - und zog sich über Wochen. Erst auf mehrfache Anrufe und eMails gab es schließlich eine Reaktion mit der Info, dass sich „...der Bescheid mit dem Ergebnis der Gleichwertigkeitsfeststellung auf dem Postweg an die Ausländerbehörde...“ befinde. Was genau mit der Ausländerbehörde gemeint war, darauf gab es – trotz Nachfrage – keine Antwort.

Naheliegend hat der Extra-Tipp bei der Ausländerbehörde des Kreises Viersen nachgefragt, die nichts von einem Schreiben wusste, „... und überhaupt bearbeiten wir solche Fälle nur, wenn ein Visum vorliegt“, hieß es von dort. Man verwies uns an die Stelle „Zentrale Fachkräfteeinwanderung“ in Köln. Der Anruf dort ernüchternd: „Wir sind total überlastet, Anfragen bitte nur per eMail“. Für Candella-Geschäftsführer Martin Mooz eine absolut unzufriedenstellende Entwicklung. Erst eine Anfrage bei der IHK Niederrhein brachte schließlich Licht ins Dunkel.

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IHK-Geschäftsführerin für Berufliche Bildung und Handel, Daniela Perner, erklärt, warum der Vermittlungsprozess für das Willicher Unternehmen  – und für andere Firmen  – so lange dauert. „Die IHK FOSA ist die zentrale Anerkennungsstelle der IHK-Organisation. Im ersten Quartal sind bei der IHK FOSA 45 Prozent mehr Anträge als im Vorjahr eingegangen. Ein derart hoher Antragseingang ist in der Geschichte der IHK FOSA ein Rekord“, heißt es in einer Stellungnahme. Auch die IHK FOSA leide an einem sich verstärkenden Personalmangel. Der Betreuungsaufwand in den Standardverfahren und den beschleunigten Verfahren sei hoch und beeinflusse die fristgemäße Antragsbearbeitung. „Es ist kaum abschätzbar, wann und wie viele Personen im In- und Ausland ein Anerkennungsverfahren einleiten. Damit ist es schwer vorherzusehen, wie viele Anträge bearbeitet werden müssen.“

Damit andere Unternehmen nicht so im Dunkeln tappen, wie die Firma Candella, rät Daniela Perner, sich im Vorfeld zunächst bei der jeweils für die Unternehmen zuständigen IHK beraten zu lassen „...gerade wenn es um das beschleunigte Anerkennungsverfahren oder das Anerkennungsverfahren nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz im Zuständigkeitsbereich der IHK geht.“

Im Rahmen der Beratungen werden dort Referenzberuf, notwendige Unterlagen und verschiedene Wege und Verfahren besprochen und Fragen geklärt. Im Anschluss daran ist dann die IHK FOSA als zentrale Stelle für die Bewertung und Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen im Bereich der Industrie- und Handelskammern zuständig.