Kreativgruppe der Drogenberatung für Frauen ab 50 Jahren / Einen neuen Lebensabschnitt sinnvoll gestalten: Ein kreativer Hafen für die Seele

Kreativgruppe der Drogenberatung für Frauen ab 50 Jahren / Einen neuen Lebensabschnitt sinnvoll gestalten : Ein kreativer Hafen für die Seele

Mit einer Kreativgruppe spricht die Drogenberatung Kontakt-Rat-Hilfe gezielt Frauen ab etwa 50 Jahren an, die diesen Lebensabschnitt sinnvoll gestalten möchten. Viele von ihnen haben Suchterfahrungen gemacht oder sind gefährdet.

Es gibt diese Tage, an denen Marie-Luise schon beim Aufstehen an Eierlikör denkt. Die 56-Jährige sagt von sich: „Ich bin suchtgefährdet.“ Nach einer Trennung litt die Mutter von zwei Kindern zeitweise an schweren Depressionen, und auch heute fühlt sie sich manchmal hoffnungslos und verzweifelt. Seit sechs Jahren kommt sie in die Kreativgruppe für Frauen der Drogenberatung Kontakt-Rat-Hilfe im Kreis Viersen. „Hier kann ich offen über meine Gefühle reden und brauche niemandem etwas vorzumachen. Die Gruppe ist wie ein seelischer Hafen für mich“, berichtet sie.

Alle 14 Tage treffen sich die Frauen. Die jüngste ist 48, die älteste 63 Jahre alt. Sie schildern einander, wie es ihnen geht, sie sprechen über das Älterwerden, das Verhältnis zu den nun vielleicht pflegebedürftigen Eltern, die Wechseljahre, den bald bevorstehenden Ruhestand. Und sie malen. „Eigentlich kann ich das gar nicht“, erzählt Helene (63), „aber ich bin immer wieder erstaunt, was beim Malen aus mir herauskommt.“ Seit 30 Jahren ist sie alkoholabhängig, mit langen Trockenphasen und wiederholten Rückfällen. „Wenn ich wieder anfange zu trinken, werden meine Bilder dunkel, aber wenn ich an die Freude mit meinen beiden Enkeln denke, ist ganz viel Licht darin“, erklärt sie. Seit 1990 gibt es dieses Gruppenangebot der Drogenberatung. Damals baute Beate Nagel eine Kunsttherapie-Gruppe auf, die sie im Laufe der Jahre zur heutigen Form weiterentwickelte. „Wir wenden uns vor allem an Frauen über 50, die sich fragen, wie sie diesen neuen Lebensabschnitt sinnvoll gestalten können“, sagt die Kunsttherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Sie weiß: Veränderungen bedeuten oft Stress. Eine negative Reaktion darauf sei der Konsum von Alkohol, Medikamenten oder anderen Drogen. „Wir möchten den Gruppenmitgliedern helfen, mehr Gesundheit und Lebensqualität für sich zu finden“, so Nagel. Wie Rita. Die 61-Jährige kommt seit mehr als zehn Jahren zu den Treffen. Sie trug damals schwer an den Folgen einer Scheidung, litt unter Depressionen, Panikattacken, Alkoholmissbrauch und wurde in einer psychiatrischen Klinik behandelt. Dort erfuhr sie von der Kreativgruppe. „Hier habe ich eine wunderbare Heimat gefunden, um all das, was mich bewegt, mit anderen zu teilen“, betont sie. Zudem habe sie durch das Malen einen sehr guten Zugang zu sich selbst erhalten. Heute lebt sie wieder allein – „aber zufrieden“.

Viele der Frauen waren alkohol- oder drogenabhängig, andere leben mit einem Alkoholiker zusammen. Wie Neuzugang Sabine, die mit einem alkoholabhängigen Mann verheiratetet ist. „Ich habe jetzt eingesehen, dass ich ihm in dieser Konstellation nicht helfen kann und suche Hilfe, weil ich mich von ihm trennen will, ohne ihn fallen zu lassen“, erklärt sie. Patricia (56) nickt, als sie das hört. Sie war selbst 15 Jahre suchtkrank, ihr Vater und ein Bruder sind ebenfalls Alkoholiker. „Da gibt es Dinge aus der Kindheit, die man verdrängt“, sagt die Mutter von drei Kindern und fügt hinzu: „Vor anderthalb Jahren war ich an einem Punkt, da haben die Gruppe und Frau Nagel mir das Leben gerettet. Es ist so schön zu erfahren, dass andere ganz ähnliche Probleme haben.“

(Report Anzeigenblatt)