Spiegelbild der Veränderungen

Spiegelbild der Veränderungen

Die Erziehungs- und Familienberatungsstelle des Diakonischen Werks blickt auf 50 Jahre Beratungstätigkeit zurück.

Die Wirtschaftswunderjahre neigten sich dem Ende zu, als 1966 die evangelische Ehe-, Lebens- und Erziehungsberatungsstelle gegründet wurde. Denn es wurde deutlich, dass wachsender Wohlstand allein nicht alle Probleme beheben würde, dass professionelle Unterstützung im psychischen und familiären Bereich nötig war. Die Themen haben sich in den 51 Jahren des diakonischen Angebots geändert, der Bedarf bleibt groß.

Die Erziehungs- und Familienberatungsstelle feierte jetzt das halbe Jahrhundert ihres Bestehens gemeinsam mit der Einweihung neuer Räumlichkeiten in der Wilhelm-Strauß-Straße 20 in Rheydt – mit etwas Verspätung wegen des Umzugs.

Ursprünglich vom Kirchenkreis Gladbach-Neuss gegründet, befindet sich die Beratungsstelle heute in Trägerschaft des Diakonischen Werks. Das Angebot der Beratungsstelle wurde in den 1970er Jahren ergänzt um die Schwangerschaftskonfliktberatung und weitergehende Hilfen für Schwangere.

Edeltraud Tönnis, Koordinatorin der Beratungsstelle, erkennt rückblickend eine Verschiebung der Beratungsinhalte. „Als ich 1988 anfing, gab es beispielsweise den Anmeldegrund ’Bettnässen’. Das kommt heute praktisch nicht mehr vor“. Vieles, was früher als Verhaltensfehler oder Erziehungsproblem eingeordnet wurde, werde heute in der Medizin angesiedelt. Die Kehrseite: Vieles werde pathologisiert, erklärt die Beraterin. „Kinder sind heute nicht mehr nur einfach ungezogen, nein. Sie haben eine Störung nach ICD10 Ziffer“, kritisiert Tönnis den Trend.

Andere Themen der Beratungsarbeit sind in den vergangenen Jahren in den Vordergrund getreten: Ängste, Mobbing, Konflikte um das Einhalten von Regeln, Beratung bei Trennung und Scheidung. Auch die Veränderungen beim Sorgerecht führen zu erhöhtem Beratungsbedarf, denn Väter fordern heute ihr Sorgerecht ein. „Die Väter wollen Vater sein, die Mütter müssen die Verantwortung nicht allein tragen und das Kind hat die Chance mit beiden Eltern Kontakt zu haben“, schildert die Beraterin die positive Entwicklung, die aber Konfliktstoff in sich trägt und begleitet werden will.

490 Familien haben im vergangenen Jahr die Unterstützung in Anspruch genommen, 520 Mal wurde die Schwangerschaftsberatung konsultiert, 90 Mal die Schwangerschaftskonflikt beratung. Auch Flüchtlinge fanden verstärkt den Weg in die Beratung. „Die Beratungsstelle ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Veränderungen“, stellt Superintendent Dietrich Denker bei der Jubiläumsfeier fest.

Die Beratungsstelle, die lange Jahre in Räumlichkeiten des Kirchenkreises in der Hauptstraße 200 angesiedelt war, findet sich heute in frisch renovierten und umgebauten Räumen in der Wilhelm-Strauß-Straße 20.

(Report Anzeigenblatt)