Endstation erste Etage

Endstation erste Etage

In der eigenen Wohnung gefangen, und das seit Wochen. Dieses Schicksal erleben die Bewohner eines Wohnhauses der LEG, die aufgrund eines defekten Aufzuges nur noch bis in die erste Etage runter fahren können.

Für diejenigen, die keine Treppen laufen können ein echtes Unglück.

Die 86-jährige Irina Vokler spaziert gerne, wenn es geht, jeden Tag. Doch seit fast einem Monat läuft sie dabei nicht über die Straße, sieht keine Bäume, läuft nicht durch das Laub, was langsam auf den Boden fällt und trifft keinen anderen Menschen. Ihr Spaziergang besteht aus einem auf und ab Laufen über den Balkon, denn wegen eines kaputten Aufzuges ist ihre Wohnung im obersten Stock zum Gefängnis geworden. Schon oft sind die Bewohner des Hauses oder ihre Besucher mit dem Aufzug stecken geblieben. Erst diesen Sommer saß eine von Irina Voklers drei Töchtern fest. Die zuständige Aufzugfirma sagte nach einer Stunde nur „dann müssen sie wohl die Feuerwehr rufen“. Kurz darauf stellte der Aufzug dann endgültig seine Dienste ein. Die Fahrt geht nur noch von oben bis zur ersten Etage runter.

„Meine Mutter hat eine Krankheit an der Wirbelsäule, die sie dazu zwingt, nur auf geraden Flächen zu laufen. Treppen steigen oder runter tragen ist dadurch unmöglich“, berichtet Irinas Tochter Julia Zeltsermann. Sie kommt nun mehrmals die Woche aus Holland, um ihre Mutter, gemeinsam mit ihren zwei Schwestern, zu versorgen, einzukaufen und ihr wenigstens ein bisschen Gesellschaft zu leisten. „Dieses Gefühl von Hilfslosigkeit ist das schlimmste, wir werden immer nur von einem Zuständigen zum nächsten geschickt oder stecken in der Warteschleife“, berichtet sie.

Von einen zum anderen, damit meint sie das Immobilienunternehmen LEG, dem das Wohnhaus gehört und welches seit Wochen nichts an der Situation ändert.

Irina Vokler hat nun seit einiger Zeit extreme Zahnschmerzen und muss dringend zum Zahnarzt. Die LEG hat zwar mittlerweile eine Aufzugfirma beauftragt, doch der zuständige Monteur verabschiedete sich mit den Worten „da fehlen Ersatzteile“. Erst nach drei Wochen hin und her telefonieren bekam die Hausgemeinschaft dann die erschreckende Nachricht: Die Lieferzeit betrage ab dem jetzigen Zeitpunkt noch sechs bis acht Wochen

  • LEG-Mieter Marino Ruiz bleibt nichts anderes
    Nach der „Nachtabsenkung“ bleibt die Heizung aus : Wohnen wie im Kühlschrank
  • Eigentümer und Anlieger sind verplichted, den
    Zum Thema Schnee auf Gehwegen : Der Bürger hat „Winterwartungspflicht“
  • Begeistert vom „Snoezelmobil“ im Caritas-Pflegewohnhaus Theresianum
    Caritas-Pflegewohnhaus bietet Bewohnern Wellness für alle Sinne : Ein Snoezelmobil für Senioren

Viele hoffen auf die Hilfe der LEG, doch diese reagiert nicht. Bei der Zentrale werden die Bewohner vertröstet, man schreibe hier nur den Auftrag, aber an wen der weitergeleitet wird, da könne man keine Auskunft geben. Dass die Dame aus der Zentrale nichts für das Dilemma kann, das wissen die Hausbewohner: „Die fehlende Kommunikation, die ist wirklich das Schlimmste“, sagt das Ehepaar Kaluza, das seit 25 Jahren in dem Haus lebt. Frau Kaluza hatte erst vor kurzem eine Knieoperation und ist somit ebenfalls kaum in der Lage, ihre Wohnung über die Treppen zu verlassen. Von Einkäufen die hoch und runter geschleppt werden müssen, möchte sie gar nicht erst anfangen.

„Hier wohnen Menschen zwischen 80 und 86 Jahren, die teilweise schwer behindert sind, wie stellen die sich das vor?“, fragt Bewohnerin Irmgard Beyer. Die LEG entschuldigte sich auf Extra-Tipp Nachfrage bei ihren Mietern für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Des Weiteren möchte das Unternehmen alles dafür tun, dass der Fahrstuhl so schnell wie möglich wieder benutzbar wird. Bis dahin werden die Mieter nun endlich über den bisherigen Stand und die kommenden Maßnahmen informiert und bekommen einen Service, der Einkäufe und Botengänge für die Mieter erledigt. Zwar kommen die Hausbewohner dadurch immer noch nicht auf die Straße, werden aber wenigstens mit dem Nötigsten versorgt.

Auf unsere Nachfrage hin wird Irina Vokler nun auch der dringend nötige Arztbesuch ermöglicht. Nach unserem Gespräch mit der LEG habe sich ein Mitarbeiter persönlich mit Irina Vokler in Verbindung gesetzt, um sich um sie zu kümmern, schreibt die LEG.

Die schlechte Erreichbarkeit läge an einer Umstellung des Kundenservice’, der eigentlich zum Ziel habe, bald besser erreichbar zu sein. Im Moment führe die Neuorganisation aber noch zu „Kinderkrankheiten“ und kleinen Verzögerungen, die die LEG jedoch schnellst möglich ändern und verbessern wolle, heißt es weiter.

Sollte alles umgesetzt werden, was die LEG nun versprochen hat, kann es vielleicht doch noch ein Happy End für die Hausgemeinschaft und Irina Vokler geben.

(Report Anzeigenblatt)