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Architekt kritisiert Einflussnahme auf Bauvorhaben

Kritk an Einmischung der Meerbuscher Politik : „Es gilt nur das Baurecht“

Seit 20 Jahren ist Christoph Schmitz schon als auf Einfamilienhäuser spezialisierter Architekt in Büderich tätig. Daher weiß er: Die Diskussion um die Zulässigkeit und Gefälligkeit von modernen Bauhäusern inmitten dörflicher Strukturen mit umgebender klassischer Alt-Bebaung ist im Ort ein Dauerbrenner.

Immer häufiger sieht man sie: Die Bauhäuser im modernen Stil mit den für sie charakteristischen Flachdächern. „Gerade bei jüngeren Bauherren sind diese Häuser sehr beliebt“, weiß Christoph Schmitz. Der in Büderich tätige Architekt weiß aber genauso, dass diese modernen Gebäude nicht jedermanns Geschmack treffen und sich gerade in den eher klassisch geprägten Wohngebieten häufig Widerstand unter Anwohnern regt, wenn sich mal wieder ein Bauherr so eine „Kiste“ – wie Kritiker bisweilen verächtlich sagen – dahinstellt.

In Meerbusch hat sich diesbezüglich eine sehr lebhafte Diskussion entwickelt, in die sich auch die Politik schon vor einiger Zeit eingeschaltet und ihrerseits um Einflussnahme bemüht hat. So hatte 2019 die CDU im Ausschuss für Planung und Liegenschaften den Antrag durchgebracht, eine Arbeitsgruppe aus dem Ausschussvorsitzenden und jeweils einem Vertreter jeder Fraktion zu bilden. Diese Arbeitsgruppe prüft seitdem alle bei der Verwaltung eingegangenen Bauanträge gemäß § 34 des Baugesetzbuchs (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile) und behält sich vor, diese dem Ausschuss zur Abstimmung vorzulegen. Begründung: In der Vergangenheit sei es zu Baugenehmigungen gekommen, die aus Sicht der Politik „nicht den angestrebten städtebaulichen Zielen entsprachen“.

Auch wenn Ratsherr Hans-Werner Schoenauer (CDU) damals betont hatte, dass die Arbeitsgruppe „kein Beschlussgremium, sondern ein Sichtungsgremium“ darstelle, hatte der Schritt bei den Verwaltungsmitarbeitern im Bauamt für Irritationen gesorgt, da diese ihre Fachkompetenz angezweifelt sahen. Und auch von SPD-Seite wurde kritisiert, dass der Eindruck entstehe, man traue der Verwaltung nicht zu, die Anträge entsprechend ihrer Zuständigkeit selber auf Rechtmäßigkeit zu prüfen.

Architekt Schmitz hat eine klare Position zu den Versuchen der Politik, auf die Bauvorhaben Einfluss zu nehmen: „Ob ich moderne Häuser im Bauhaus-Stil nun mag oder nicht, ist völlig unerheblich. Solange die Stadt für das entsprechende Wohngebiet keinen Bebauungsplan aufgestellt hat, gilt einzig und allein das im Baugesetzbuch geregelte Baurecht. Da spielt es dann auch keine Rolle, ob irgendein Politiker lieber nur Satteldächer im Stadtbild hätte.“

„Stilistische Fragen, etwa ob ein Haus jetzt ein Satteldach haben muss oder ein Flachdach, sind im Baugesetzbuch nicht geregelt. Hier geht es vielmehr um Dinge wie die Gebäudehöhe oder die Positionierung des Gebäudes auf dem Grundstück. Und solange kein Bebauungsplan aufgestellt wurde, was ja auch immer ein recht aufwendiges Verfahren inklusive Offenlegung und Bürgerbeteiligung ist, ist hier die umliegende Bebauung das einzig Entscheidende“, präzisiert Schmitz. „Das heißt der Bauherr muss sich mit seinem Haus an der Höhe der Nachbarhäuser orientieren, sein Haus muss etwa auf einer Linie mit den anderen Häusern in der Reihe stehen usw.“

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Vor diesem Hintergrund erachtet Schmitz auch den jüngsten Plan der Stadt Meerbusch, mit einem Gestaltungshandbuch Bauherren und Architekten für das Thema Stadtgestaltung zu sensibilisieren, um das Gesamtbild eines jeden Ortsteils zu bewahren“ (so die Formulierung der Verwaltung), zwar als ein legitimes, in letzter Konsequenz aber eben doch überflüssiges Mittel. Denn Gestaltungshandbuch hin oder her: „Am Ende gilt die Baufreiheit, die der Staat seinen Bürgern gewährt, natürlich unter Achtung und Einhaltung der diesbezüglichen Baugesetze, ansonsten sind die Bürger aber in ihren Entscheidungen ,frei‘“, so Schmitz. Insofern brauche es auch kein Gestaltungshandbuch, zumal ein solches den Bauherren suggeriere, dass die Politik ein Mitspracherecht habe, das aber de facto nicht besteht.

Da jeder Bürger das Recht habe, im Rahmen der geltenden Baugesetze sein Traumhaus nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu realisieren, sei es allerdings hochgradig unfair, wenn dann – weil bestimmte Bauvorhaben von der Politik nicht gewollt sind – Anträge abgewiesen und die Bauherren so zum Gang vors Verwaltungsgericht gezwungen würden, so Schmitz weiter. Er selbst habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Architekt in jüngerer Vergangenheit bereits mehrfach langwierige Auseinandersetzungen mit dem Bauamt führen müssen, um völlig gesetzeskonforme Bauvorhaben durchführen zu können. Die Genehmigung des Baus einer Oldtimer-Garage für seinen Vermieter auf dessen Grundstück etwa wurde Schmitz lange verwehrt. Dabei sei die Bauumgebung auf den angrenzenden Grundstücken ebenfalls durch Garagen geprägt, so dass das „Nein“ der Behörde hier schlichtweg unbegründet war, schildert der Architekt. „Es war ein unglaubliches Hin und Her, bis die Baugenehmigung schließlich doch vorlag“, sagt Schmitz, der zudem betont, dass es solche Probleme früher – als sich die Politik aus den Bauvorhaben noch raushielt – nicht gegeben habe. „Im Gegenteil, ich hatte immer einen sehr guten Kontakt zum Bauamt.“

Im Zuge anderer beanstandeter Bauvorhaben legte Schmitz im Jahr 2021 sogar eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei Bürgermeister Christian Bommers ein, in der er unter anderem der Leitung des Fachbereichs Stadtplanung und Bauordnung mangelnde Kompetenz vorwarf und daher auch personelle Konsequenzen forderte. Die Reaktion des Verwaltungschefs auf das umfassende Schreiben war allerdings nicht die gewünschte. Stattdessen sah sich der Architekt plötzlich mit einer Klage wegen über Nachrede in Tateinheit mit Beleidigung konfrontiert. „Im Grunde habe ich hier eigentlich nur Fakten aufgezählt und polemisch oder unflätig waren die Aussagen auch nicht“, sagt Schmitz.

In zweiter Instanz wurde die Klage dieses Jahr letztlich vom Landgericht Düsseldorf abgewiesen. Als Begründung führte das Gericht an, dass das Schreiben als Dienstaufsichtsbeschwerde lediglich an den Dienstherrn und nicht an die Öffentlichkeit adressiert war. Auch als Schmähkritik könne es nicht gelesen werden, da es dem Angeklagten „um eine Auseinandersetzung in der Sache ging und nicht um eine grundlose Verächtlichmachung“. Und schließlich sei gerade im Falle von Machtkritik und bei Äußerungen im „Kampf ums Recht“ dem Recht auf freie Meinungsäußerung eine große Freiheit einzuräumen – unabhängig davon, ob die Kritik gerechtfertigt ist oder nicht.

Für Christoph Schmitz ist die Reaktion auf seine Beschwerde sinnbildlich für das Gebaren der Politik in der ganzen Bauprojekte-Causa. Der Grund, weshalb er sich an den Extra-Tipp gewandt hat, ist der, dass er den Bürgern ihre in Bezug auf ihr Eigentum bestehenden Rechte bei der Realisierung von Bauvorhaben bewusst machen will. Dass der Beratungsbedarf in diesem Bereich hoch ist, weiß der Architekt aus Erfahrung: „Immer wieder werde ich von Bürgern angesprochen, die sich zu dem Thema informieren wollen.“