Die Rehkitzrettung MG klärt auf und sucht Helfer*innen : Einsatz für Bambi und Co.
Mönchengladbach Wenn „Bambi“ und seinen Geschwistern durch Mähmaschinen Gefahr droht, rührt uns das alle an. Trotzdem gibt es immer noch Spaziergänger, die mit unüberlegtem Eingreifen die Arbeit der Rehkitzrettung zunichte machen und viel zu wenig Milchviehbetriebe und Revier-Betreiber, die kooperieren. Die Rehkitzrettung klärt auf und sucht auch noch helfende Hände.
In den ersten drei Wochen sind sie geruchlos und bei Gefahr geben sie keinen Pieps von sich und drücken sich auf den Boden. Ihre Mutter, die Ricke, versteckt die Kleinen im hohen Gras. Eigentlich schützt die Natur Rehkitze auf geradezu geniale Weise. „Nicht mal Hundenasen spüren sie in den ersten Wochen auf“, sagt Walter Coenen, Obmann und Initiator der Rehkitzrettung bei der Kreisjägerschaft Mönchengladbach. Menschen könnten die Tierkinder mit dem gepunkteten Tarnfell oft nicht mal sehen, wenn sie direkt vor ihren Füßen im Grün lägen. Leider funktioniert der Schutz nicht, wenn Maschinen im Einsatz sind – Mähmaschinen, die Mitte April bis Ende Juni den Grünschnitt für das Vieh reinholen. Zahllose Rehkitze sind durch Mähmaschinen schon verletzt oder getötet worden. „Das macht niemand mit Absicht“, sagt Walter Coenen, trotzdem wünscht er sich, dass mehr Milchviehbetriebe „mitziehen“ und vor der Mahd Bescheid geben, denn bislang seien es nur 20 Prozent im Kreis. Schließlich ist der Einsatz der Rehkitzrettung für die Landwirte völlig kostenlos.
Seit vier Jahren ist die Mönchengladbacher Rehkitzrettung im Einsatz – zurzeit mit 36 Ehrenamtlern, davon sieben Drohnen-Piloten, und drei Drohnen. Mit Wärmebildkameras überfliegen sie die Grünlandflächen, spüren versteckte Rehkitze (und anderes Jung- und Niederwild sowie Vogel-Gelege) auf und bergen sie. „Wir heben die Kitze in Boxen auf bis nach der Mahd, dann lassen wir sie wieder frei“, sagt Walter Coenen. Dabei dürften sie nicht in direkten Kontakt mit den Menschen kommen.
Denn riecht ein Kitz erstmal nach Mensch, dann wird es von der Ricke nicht mehr angenommen. Die Helferinnen und Helfer der Rehkitzrettung fassen die Kitze deshalb mit dicken Büscheln Gras, quasi als Handschuhe, an. „Wenn auf der Nachbarparzelle hohes Getreide wächst, das viel später im Jahr geerntet wird, dann tragen wir die Kitze auch schonmal einfach da rüber“, sagt Walter Coenen. Ansonsten warten sie am Feldrand solange in Boxen, bis die „Luft wieder rein“ ist.
Trotz großer Aufschriften, bitte die Finger davon zu lassen, gäbe es jedes Jahr wieder „Schlaumeier“, die trotzdem an die Boxen gehen und die Kitze vorzeitig raus lassen, ärgert sich Coenen. Mit verheerenden Folgen für das Tierkind. Auch das Anleingebot für Hunde werde immer wieder ignoriert.
Seit ihrem Start hat die Rehkitzrettung Mönchengladbach mehr als 300 Kitze vor den Mähmaschinen bewahrt, 77 im ersten Jahr, 99 im zweiten und 133 im Jahr 2023. Deutschlandweit fallen jährlich bis zu 100 000 Kitze den Mähwerken zum Opfer. Bei ihrer Rettung geht es nicht nur darum, Wildtiere vor dem qualvollen Tod zu bewahren, sondern auch darum, dass Kadaverteile von ausgemähten Tieren nicht in Grassilage und Heu geraten und durch Verwesung das Mahdgut vergiften. Diese Vergiftung, bekannt als Botulismus, kann beim Menschen Lähmungen verursachen und führt bei Tieren, wie Pferden, Rindern, Schafen und Vögeln meist zum Tod.
Die Rehkitzrettung sucht noch helfende Hände. Gemeint sind Ehrenamtler, die zwischen Mitte April und Ende Juni bereit sind, sich ein- oder mehrmals in der Woche zwischen 2 und 3 Uhr und bis 8.30 Uhr morgens mit anderen zusammen um die Rehkitzrettung zu kümmern (danach ist der Boden zu aufgewärmt und die Wärmebildkameras funktionieren nicht mehr). Auch Leute, die erstmal gucken möchten, ob das etwas für sie ist, sind willkommen.
